Vagina dentata

Spaßiger Eintrag ins „Predator“-Franchise: „Prey“ – exklusiv auf Disney+

Prey, Predator-Franchise
Prey, 2022, Dan Trachtenberg

Mit „Prey“ gelingt Dan Trachtenberg ein atmosphärisch stimmiges, mitreißendes Prequel der „Predator“-Filmwelt.

Im Predator-Franchise liegen Licht und Schatten nah beieinander. John McTiernans 1987 erschienener Aufschlag hat auf ewig einen Platz in meinem Herzen, der erste Achtzigerjahre-Actionhit, den ich gesehen habe, mit dreizehn oder vierzehn, und ohne Frage unter den fünf besten Arnold-Schwarzenegger-Filmen. Und das in einem an Sensationellem (Terminator, Terminator 2, Kindergarten Cop u.v.a.m.) ja nicht armen filmischen Werk. Nach Predator kam 1990 das unvermeidliche, sehr gelungene und schwitzige Sequel, das die Jagd aus dem mittelamerikanischen Dschungel ins Los Angeles des Jahres 1997 verlagerte und das Alien einen Bandenkrieg eskalieren ließ, bevor Danny Glover es dann zerlegen durfte.

Dann ging es bergab, mal nur ein wenig (Predators), mal in grenzwertige Regionen (Alien vs. Predator), manchmal aber auch bis nach ganz unten (Predator – Upgrade, Aliens vs. Predator 2). Die Hoffnung, dass sich das Franchise, das immerhin eine der bezauberndsten Monsterfiguren der Achtzigerjahre in die Kinowelt stellte, noch einmal fängt, war nicht mehr groß. Die Hulu-Produktion Prey ist tatsächlich überraschend: Patrick Aisons Drehbuch versteht den Plot ganz im Geiste des Originals als Anlassreihung für Kampf- und Jagdszenen, die Regisseur Dan Trachtenberg denn auch ästhetisch recht packend inszeniert hat (wenn man von zwei wirklich schlimm lieblos zusammenprogrammierten CGI-Tieren, einem Löwen und einem Bären, einmal absieht). Insofern ist Prey geradezu traditionell angelegt: Eine Gruppe trifft auf das Alien mit dem „Pussyface“ (das Synonym der Danny-Glover-Figur für vagina dentata), dann beginnt das Schlachten.

Neu ist, dass der Predator dieses Mal, Prey ist ein Prequel, gegen eine Gruppe Comanchen antritt, die, wir schreiben das Jahr 1719, mit Bogen und Äxten bewaffnet sind. Und dass sein Endgegner und damit die Hauptfigur eine Frau ist, Naru (Amber Midthunder), was aus dem Franchise erstmal ein wenig vom Testosteron-Überdruck rauslässt, an der Bewegungsdynamik und Körperlichkeit aber nicht groß was ändert. Es wird gerannt, gekämpft, Köpfe werden abgeschlagen und Rückgrate rausgerissen, dass es nur so kracht. Der Schwester-/Bruder-Konflikt, den das Drehbuch auffährt, damit die Figuren zumindest ein bisschen mehr als Waffenträger:innen sein dürfen, ist weitgehend egal, hält einen aber auch nicht weiter auf.

Neu ist auch, dass Prey bei seinen filmischen Raumkonstruktionen viel mit der Weite der wirklich sehr schönen Landschaften arbeitet. Und so zwischen den ganzen Raufereien eine schöne Ruhe in den Filmfluss bringt. Überhaupt ist das Ganze atmosphärisch sehr gelungen, was dann auch wieder freut, weil auch auf dieser Ebene bei fast allem, was nach dem ersten Sequel noch an Nachfolgern kam, besinnungslos geholzt wurde.

Prey macht Spaß, ist spannend und in den Gewaltszenen mitreißend; wobei CGI-Geschmadder, zumindest wenn man in den Achtziger- und Neunzigerjahren angefangen hat, Horror- und Actionfilme zu schauen, im direkten Vergleich zu den Latex- und Kunstblutsauereien immer ungut aseptisch wirkt. Aber das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Mediensozialisation, und später Geborene fühlen sich in Sequenzen, die natürlich wieder einmal viel von der aktuell gängigen Gaming-Ästhetik aufnehmen, gleich heimisch. Am Ende verneigt sich der Film mit einem schönen Detail in Richtung Predator 2. Was nebenbei kurz den Eindruck erzeugt, der Kreis würde sich hier schließen, und in diesem Franchise hätte alles Misslungene nach 1990 gar nicht stattgefunden.

 

Prey
USA 2022, Regie Dan Trachtenberg
Mit Amber Midthunder, Dane DiLiegro, Dakota Beavers
Laufzeit 130 Minuten