The First Omen

Teufelei mit Triggerwarnung – im Kino

Tiger Free, Stevenson, The First Omen
The First Omen, 2024, Arkasha Stevension © 20th Century Studios

„The First Omen“: Gebärhorror plus Idiotenverschwörung, inszeniert von Arkasha Stevenson. Wir erteilen die Absolution – jetzt im Kino.

Es gibt da eine Frage, die uns in nahezu drei Dekaden nicht losgelassen hat: Woher genau kam eigentlich seinerzeit dieser Teufelssprössling, Damien geheißen, welchen der US-amerikanische Botschafter in einem patriarchalen Kuckucksakt seiner Frau unterschob, nichtsahnend? (Und wie kam er zustande?) The Omen, 1976 von Richard Donner inszeniert, sorgte dafür, dass Zensoren allerorten reflexhaft die Scheren zückten. Die Szene, in der ein Fotograf (gespielt von David Warner, Gott hab ihn – hoffentlich! – selig) von einer vom Auto rutschenden Glasscheibe enthauptet wurde, schrieb Filmgeschichte. Jene, in der ein Priester von einem von einer Kirche herabstürzenden Metallspeer aufrecht stehend an den Boden genagelt wird, ist allerdings auch nicht von schlechten Eltern. Und dann ist da noch die, in der das Kindermädchen mit einem Strick um den Hals aus dem Fenster springt, um Selbstmord zu begehen – was im gegebenen Kontext als Opfer an Satan zu verstehen ist. Bitterböse Gewaltexzesse, die nicht nur dazu führten, dass Donners Film in den Siebzigern nur knapp an einem X-Rating vorbeischrammte, sondern die in ihrer schauerlichen Grässlichkeit auch heute noch bestehen, und das nicht nur unter wahren Nerds.

Mittlerweile kann man dergleichen genüsslich ausgemalte Teufeleien ohne Triggerwarnung ja fast nicht mehr zeigen; doch Arkasha Stevenson unterschätzt die Höhe der Latte, die sie mit The First Omen zu nehmen hat, nicht. Und auch wenn es eine Weile dauert, bis das von ihr inszenierte Prequel – das zugleich das Spielfilmdebüt der bis dato TV-Regisseurin darstellt – so richtig in Schwung kommt, es kommt in Schwung, und dann sogar richtig. Die Trinität der ikonisch gewordenen, expliziten Schreckensszenen findet sich in leicht abgewandelter Form wieder ein und leitet über zum unschlagbaren Trumpf des Schwangerschafts- und Gebärhorrors. Schon schwillt der vom Dämon besamte Uterus in Sekundenschnelle und erinnert die Hysterie der solcherart „Gesegneten“ keineswegs unabsichtlich an die legendäre Tunnel-Szene in Possession (Andrzej Zulawski, 1981). Dann erhebt sich auch schon ein infernalisches Geschrei, das anzeigt, dass zu groß ist, was da heraus will, und lässt an die filigrane Mrs. Woodhouse denken, die in Rosemary’s Baby (Roman Polanski, 1968) vom Teufel zur Leihmutter erkoren ward.

Doch zurück zur Ausgangsfrage, die uns schließlich lange genug unter den Nägeln gebrannt hat. Wer war verantwortlich und wozu hat man ihn gezeugt, diesen „Sohn einer Hündin“? Endlich wird umfassend Auskunft erteilt. Die hübsche junge Novizin Margaret (gespielt von der jungen hübschen Schauspielerin mit dem unschlagbaren Namen Nell Tiger Free, bekannt aus M. Night Shyamalans Apple-TV-Serie Servant) kommt aus den USA nach Rom, um dort ihr Gelübde abzulegen. Kardinal Lawrence höchstselbst nimmt sie dort, am Ziel aller Wege, in Empfang; gespielt wird er von Bill Nighy, was einen misstrauisch machen sollte, weil der immer nur harmlos tut und das niemals ist, erst recht nicht, wenn er mal wieder die Szene stiehlt. Und auf geht’s und munter hin und her; seltsame Umtriebe werden verhalten angedeutet, in den Ecken munkelt es, es räuspert in den Schatten, Seltsames geschieht, Beunruhigendes bahnt sich an. Jumpscares jumpen. Doch nicht im Übermaß. Sodann wird eine wilde Genealogie zusammengezimmert, eine vollidiotische Gigantoverschwörung offenbar und ein allerhöchstbefremdliches Züchtungsprogramm aufgedeckt. Da bleibt kein Auge trocken und kein Wunsch unerfüllt. Zumal die bombastisch fetzigen Choräle, den Ohren aus dem Ursprungs-Omen noch in bestens betäubender Erinnerung, mit unverändert eindringlicher Kraft auf der Tonspur unablässig die Schwarze Messe feiern. Unironisch und humorlos wie sich das gehört, erteilt The First Omen sich die Absolution und stürzt kopfüber in den Wahnsinn.

Dank zahlreicher Sequels (*) wissen wir, was aus Damien geworden ist. Was aber wurde aus seiner Schwester? Die Zeiten haben sich geändert und die Frauen wollen schon lange nicht mehr nur für den Nachwuchs sorgen. Und wer würde sich mit dem halben Kuchen zufrieden geben, wenn die ganze Bäckerei zu haben ist?

Bis zur Klärung dieser Frage, die uns zweifelsohne im Sequel des Prequels und hoffentlich nicht erst in 28 Jahren gegeben werden wird, schauen wir uns, ergänzt um The Exorcist (William Friedkin, 1973), all die erwähnten alten Kracher von anno dunnemals wieder an und stellen fest, dass die wirklich richtig gut gealtert sind.

(*) Damien: Omen II (Don Taylor, Mike Hodges, 1978) // The Final Conflict (Graham Baker, 1981) // Omen IV: The Awakening (Jorge Montesi, Dominique Othenin-Girard, 1991, TV Movie) // Damien (Glen Mazzara, 2016, TV Series)

 

The First Omen
USA 2024, Regie Arkasha Stevenson
Mit Nell Tiger Free, Ralph Ineson, Sonia Braga, Maria Caballero, Charles Dance, Bill Nighy
Laufzeit 120 Minuten