FCK2020M3GAN

Neu im Kino KW 2 (AT)

Kablitz-Post, FCK 2020
FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter, 2022, Cordula Kablitz-Post

FCK 2020: Der Sprung von den Niederungen der deutschen Populärkultur zu den Höhen der amerikanischen ist diese Woche ein kleiner. Dazu ein bemerkenswerter Film aus Österreich und Neues im ÖFM. Von Benjamin Moldenhauer und Roman Scheiber.

In dieser Woche kommt ein besonders denkwürdiges Dokument deutscher Populärkultur in die Kinos. Cordula Kablitz-Post hat für ihren Film FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter den neben Rammstein global wahrscheinlich bekanntesten deutschen Pop-Act begleitet. Angeführt von Frontmann H.P. Baxxter hampelt das Trio seit über 30 Jahren über die Bühnen und entlässt in scheußlichem Denglisch Denkwürdiges in die Welt („How much is the fish?“, „The Question is What is the Question“). Der Film macht Spaß und zeigt Menschen, die arglos und vollkommen schambefreit wirken. Die Vorgänge sind erstaunlich, man kann nicht wegschauen: Die Musik von Scooter ist atemberaubend dumm und darin so konsequent, dass man sich der Faszination, die von ihr ausgeht, nur schwer entziehen kann. Die Mischung aus Techno-Dorfdisco-Hölle und lyrischer Gnadenlosigkeit („Respect to the man in the icecream van“) wirkt. Das Gute an ihm sei, dass er nichts mehr merke, macht Baxxter gleich am Anfang einem seiner Angestellten ein schönes Kompliment, und dieser Satz ist programmatisch für die Charakterstudie, die FCK 2020 anstellt. Ein Blick in den Abgrund, ohne Frage, aber der Abgrund schaut zurück und grinst schlau. H.P. Baxxter und die übrigen Beteiligten inklusive der Fans wissen, dass hier bombastischer Schrott produziert wird, aber der Schrott lässt sich ironisch abfeiern und ist tatsächlich ein Soundtrack zu einer Utopie im Jetzt (Wodka-Red-Bull und Techno-Tänzchen bis ans Ende aller Tage).

Von den Niederungen der deutschen Populärkultur zu den Höhen der amerikanischen, dem US-Horrorfilm: M3GAN reanimiert das seit dem Versickern der Chucky-Serie – und abgesehen von den zwei Annabelle-Filmen aus dem Conjuring-Universum – etwas eingeschlafene Motiv der unheimlichen Puppe, die ein Eigenleben und außerdem natürlich Mordlust entwickelt. Die Puppe ist hier ein Roboter, M3GAN (Amie Donald), der einem Waisenkind (Violet McGraw) geschenkt wird und bald einen ausgeprägten Beschützerinstinkt an den Tag legt. Heulen und Zähneklappern sind die Folge. Die Idee stammt von James Wan, Regisseur des ersten Conjuring-Films, der auch produziert hat. Unsere Kritik zum Film finden Sie hier.

Was ein kleines Füchslein mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun hat, erfährt man in Adrian Goigingers Drama Der Fuchs. Für einen jungen Rekruten (Simon Morzé) stellt das im Wald gefundene, verwundete und gesund gepflegte Tier nämlich bald den so gut wie einzigen Lebenssinn dar. Ein Schoßtier im Krieg? Klingt abwegig, aber der Rekrut fährt eine Beiwagenmaschine und versteckt den Fuchs über ein Jahr darin – mitten an der Westfront. Und den Rekruten mit dem Fuchs gab es wirklich: Es war der Großvater des Regisseurs Adrian Goiginger, der mit Der Fuchs einmal mehr einen stark persönlichen Film vorlegt. Der Krieg dient hier nur als Rahmenhandlung, um die sehr spezielle Überlebensstrategie eines emotional verhärteten jungen Mannes möglichst emotional zu zeigen. Wir haben mit dem Salzburger Filmemacher in unserem Podcast gesprochen. (rs)

Außerdem: Im Österreichischen Filmmuseum gibt es dieser Tage drei hundertjährige Titanen des italienischen Kinos zu bestaunen, mindestens einer davon wird auch außerhalb eingeweihter Kreise als Titan angesehen, nämlich Pier Paolo Pasolini (1922–1975). Dessen Mentor Mauro Bolognini (1922–2001) gilt selbst als einer der großen gesellschaftskrititschen Regisseure Italiens und Carlo Lizzani (1922–2013) war als Dritter im Bunde eine Schlüsselfigur für die Erneuerung des italienischen Kinos durch den Neorealismus.

Neben dem dritten Teil der Lav-Diaz-Kollektion oder dem Forschungsprojekt „Visual History of the Holocaust“ blicken außerdem ab 22. Jänner die strahlenden, erstaunten, müden, traurigen und gehetzten Augen von Peter Lorre (1904–1964) von der Leinwand auf uns herab, wie es das aktuelle Programmheft des ÖFM so schön formuliert. (rs)