Feste sehen anders aus

Neu im Kino KW 29 (DE)

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Der Sommer mit Anaïs, 2022, Charline Bourgeois-Tacquet

Vergessen Sie Monsieur Claude, verbringen Sie einen Sommer mit Anaïs und versuchen Sie mal, Männer zu verstehen! Die Kinostarts der Woche.

Die Filme Alex Garlands werden aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann einmal zu Genre-Klassikern werden. Der britische Autor und Regisseur verbindet Autorenfilm-Merkmale (kontinuierliche Themen, aneinander anschließende und aufeinander aufbauende Diskurse, wiedererkennbare Ästhetik) mit den Schönheiten des Genrekinos (emotional packende Geschichten, die auch ohne den philosophischen Überbau funktionieren, aber eben noch besser mit ihm). Sein neuer Film allerdings, Men, wurde von der Kritik gemischt bis ablehnend aufgenommen. Unsere Empfehlung finden Sie hier. Und einen Essay zu den übrigen Werken, bei denen Garland bislang Regie geführt hat, hier.

Wenn eine französische Komödie sich um die sogenannten unterschiedlichen Kulturen dreht und als „erwartet unkorrekt“ angekündigt wird, möchte man lieber in Deckung gehen. In der Folge von Ziemlich beste Freunde ist die Culture-Clash-Komödie ein eigenes Genre geworden, und Monsieur Claude und sein großes Fest ist dann auch schon der dritte Monsieur-Claude-Film, nach Monsieur Claude und seine Töchter und Monsieur Claude 2.

Bei „unkorrekt“ weiß ich immer nicht so recht, was es bedeuten soll, aber „erwartbar“ stimmt: Die vier Töchter von Claude Verneuil (Christian Clavier) richten für ihren wertkonservativen Vater eine Geburtstagsparty aus, und wieder gehen ihm seine multikulturellen Schwiegersöhne Rachid Benassem (Medi Sadoun), David Benichou (Ary Abittan), Chao Ling (Frederic Chau) und Charles Kofi (Noom Diawara) auf den Keks. Kulturelle Differenzen, Vorurteile und so weiter, so ein Drehbuch schreibt sich wahrscheinlich wie von selbst. Interessant wäre aber doch mal, grundlegend darüber nachzudenken, ob diese Form von komödiantischer Abarbeitung an Klischees nicht am Ende dazu beiträgt, die Menschen als Vertreterinnen und Vertreter einer ethnisch definierten Kultur wahrzunehmen und damit die strukturell identitäre Vorstellung festklopft, wir alle wären vor allem durch unsere kulturelle Herkunft definiert.

Eine leichte und dann auch noch sehr romantische Komödie ist Der Sommer mit Anaïs, der erste Film der Autorin und Regisseurin Charline Bourgeois-Tacquet. Auf den ersten Blick ein weiterer Film über eine Frau in den Dreißigern, die sich nicht entscheiden kann und nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Greta Gerwig und Joachim Triers Der schlimmste Mensch der Welt (unsere Kritik) sind nicht weit, wenn Anaïs (Anaïs Demoustier) innerlich unruhig, aber mit großem Lebenshunger auf der Leinwand sucht und zweifelt. Das innerliche Chaos bedingt ein äußeres: Ein alternder Verleger (Denis Podalydès) will eine unverbindliche Affäre mit Anaïs, sie ist schnell gelangweilt und verliebt sich stattdessen in dessen Frau (Valeria Bruni Tedeschi). Ein schöner Sommerfilm.

Auch lustig: Vater der Braut, ein Remake des gleichnamigen Steve-Martin-Vehikels von 1991, das aber vor allem die Grundkonstellation (und nicht viel mehr) übernimmt. Andy Garcia spielt den Vater, der seine Tochter nicht wirklich loslassen kann und mit ihren Vorstellungen und überhaupt der jungen Generation aneinandergerät.

In dem Film Geborgtes Weiß fühlen sich alle heimisch, die Pasolinis Teorema kennen und schätzen. Wobei „heimisch“ es nicht trifft, schließlich ist es hier wie dort ein mysteriöser Fremder, der eine Kleinfamilie sprengt oder zumindest in ihren Grundfesten erschüttert. In das Leben von Papa (Ulrich Matthes), Mama (Susanne Wolff), Kind (Elia Gezer) tritt der albanische Wanderarbeiter Valmir (Florist Bajgora). Marta fühlt sich von ihm durchaus angezogen, dem sehr in seinem Kopf lebenden Roland stört’s zuerst nicht, dann aber eskaliert alles. Läuft unter Drama, der Film, lässt sich aber auch als deutschsprachiger Psychothriller sehen, und davon gibt es nicht eben viele.


Ebenfalls erwartbar und eigentlich unabwendbar war der fünfte Teil der „Bibi und Tina“-Reihe, Bibi & Tina – Einfach Anders. Wir zitieren aus der sächsischen „Volksstimme“: In dem neuen Film „begrüßen Bibi und Tina auf dem Martinshof drei neue und zunächst ziemlich rätselhafte Feriengäste. Disturber, Silence und Spooky scheinen von Anfang an ein wenig anders zu sein. Silence spricht nicht so gern, Spooky glaubt an Außerirdische und die kahlhaarige Disturber sagt Bibi ziemlich bald den Kampf an. Außerdem treffen Bibi und Tina auf einen kleinen und ziemlich lustigen Außerirdischen.“ Das ist für Fans im entsprechenden Alter bestimmt passgenau und herzallerliebst und deswegen alles schon okay. Aber es hätte jetzt auch nicht unbedingt, naja… Der nächste Kinderfilm, der nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene funktioniert, kommt bestimmt.