The Empty Man (2020)

Bedeutungsoffenes Horrorfilm-Debüt – flat bei Disney+

The Empty Man, 2020, David Prior

Eine schwarze Figur aus dem Eis ergreift Besitz von den Lebenden, die dann auch reihum sterben. Ein Kult huldigt dem Geist oder Dämon, vielleicht ist es auch einfach ein Parasit, man weiß es nicht, und David Priors mit zweieinviertel Stunden für einen Horrorfilm recht monumental lang geratenes Debüt The Empty Man bleibt an diesem wie auch anderen Punkten angenehm bedeutungsoffen.

Auch nicht ganz klar: Wer der Titelheld genau ist. Leere Männer gibt es in diesem Film jedenfalls mindestens zwei, und am Ende fließen sie dann auch vollends einander. Der eine ist das Monster, der andere der Ermittler: Der Ex-Cop James (James Badge Dale) läuft nach dem Tod von Frau und Kind mit entleertem Blick durch die Szenerie, frisst die Antidepressiva gefühlt mit beiden Händen und schlingert teilnahmslos von mittelschwerer Verzweiflung zu innerer Leere und wieder zurück.

Die Tochter einer Freundin verschwindet, und er nimmt die Ermittlungen auf. Die werden dann, man kennt es zum Beispiel aus Angel Heart und einem Großteil des klassischen Film Noir, zu einer Reise zu sich selbst. Und das ist keine Landpartie, sondern ein Abstieg zur eigenen Schuld, der durch diese Schuld verstellten Trauer und überhaupt dem leider realistischen Gefühl, dass man das eigene Leben komplett verpfuscht hat.

The Empty Man funktioniert als Horrorfilm nur mittelgut. Es gibt zwei, drei unheimliche Momente und eine Handvoll obligatorischer Jumpscares. Das aber ist kein Mangel, wenn man seine Erwartungen rechtzeitig justiert: Nach einer Dreiviertelstunde Laufzeit drängt sich der Eindruck, dass das Genre hier nicht viel mehr als ein Gerüst bildet, sehr auf. Horror sozusagen als Medium für einen filmischen Essay über Depression. Die Erkrankung geht hier am Ende bis zur Selbstauflösung, das Monster als Metapher macht es möglich. Wenn man sich die Geschichte des leeren Mannes nicht als Gruselgeschichte erzählen lässt, sondern als eine Art Diagnose, als Analyse einer Detektivfigur, die sich selbst ein Rätsel ist, werden einem die zweieinviertel Stunden nicht zu lang.

 

The Empty Man
USA 2020, Regie David Prior
Mit James Badge Dale, Marin Ireland, Stephen Root, Ron Canada
Laufzeit 137 Minuten