Oskar und die Halbschatten

Neu im Kino KW 22

Reinsve, Lie in: Der schlimmste Mensch der Welt
Der schlimmste Mensch der Welt, 2021, Joachim Trier

Der schlimmste Mensch der Welt, Blutsauger und die Oskar-Werner-Retrospektive im Filmarchiv Austria. Von Alexandra Seitz und Roman Scheiber.

Soweit das Auge reicht, von Joachim Triers Der schlimmste Mensch der Welt /Verdens verste Menneske sind alle schwer begeistert. Warum?

Die Geschichte geht so: Julie, immerhin schon fast dreißig Jahre alt, versucht, endlich erwachsen zu werden und in ihrem Leben Fuß zu fassen. Sie braucht also einen Plan, in der Liebe wie im Beruf, und dergleichen ist bekanntermaßen schwierig. Also nicht das Pläneschmieden, sondern das Pläne-in-die-Tat-Umsetzen, auch das Daran-Festhalten gestaltet sich nicht immer einfach. Weil, immer pfuscht irgendetwas oder irgendjemand dazwischen, sei es das Schicksal oder Gott oder im Zweifelsfalle man selbst. Das ist hier nicht anders: Julie verliebt sich in Aksel und dann verliebt sie sich in Eivind – und dann steht sie wieder alleine da. Währenddessen versucht sie sich als Buchhändlerin, Kolumnenautorin, Fotografin. Das Glück schaut immer mal kurz vorbei, kann sich aber nicht zur Dauer entschließen – und so stellt sich eben die Frage nach den Fehlern und wo sie zu suchen sind.

Ja, das sehen Sie durchaus richtig, vom Thema her gesehen ist das ein alter Hut; von der schwungvollen und geradezu anti-pathetischen Umsetzung zeigt man sich nun aber gerade allgemein sehr angetan (und auch unser Rezensent). Es lässt sich also festhalten: Hier liegt ein klassischer Arthouse-Crowdpleaser vor, der auf bittersüße Weise von den Dingen des Lebens handelt und mit dem sich bestimmt ein Haufen Geld verdienen lässt. (zax)

Wenn von Vampiren die Rede ist, sind damit manchmal Fledermäuse, im Kino-Zusammenhang jedoch zumeist Figuren in Filmen von Nosferatu bis Twilight gemeint – oder halt von Only Lovers Left Alive bis A Girl Walks Home Alone at Night, oder wie Sie wollen. Eine ganz andere Art von Vampiren hatte Karl Marx im Sinn, als er von den Ausbeutern der Arbeiterklasse schrieb, und auf so theorie- wie bissfeste Weise lotet das Julian Radlmaier (Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes) in seiner neuen Klassenkomödie Blutsauger aus, wir finden das witzig und sehenswert.

Noch bis zum 22. Juni läuft im Filmarchiv Austria eine Retrospektive der Filme mit Oskar Werner. Von manchen wird der am 3. November 1922 in Wien als Oskar Josef Bschließmayer geborene und am 23. Oktober 1984 in Marburg an der Lahn als Legende verstorbene Film- und Bühnenschauspieler ja derart proskynetisch verehrt, dass die noch vor einer Büste ihres heiß geliebten Stars in die Knie gehen würden. Aber auch ohne ihn über jedes vernünftige Maß hinaus zu adorieren: Bei Oskar Werner handelt es sich zweifellos um einen der charismatischsten Akteure der österreichischen Filmgeschichte. Der Kurzpressetext zur Retro lautet:

„Zwischen 1947 und 1976 tritt Oskar Werner in 22 Filmen in Haupt- und Nebenrollen auf. 20 davon haben sich erhalten und werden mit dieser Schau nach langer Zeit wieder komplett auf die Leinwand gebracht. Neben österreichischen Klassikern wie Der Engel mit der Posaune, Der letzte Akt oder Mozart sind auch die Kultfilme Jules et Jim und Fahrenheit 451 sowie die berühmten Hollywoodproduktionen Ship of Fools, The Spy Who Came in from the Cold und The Shoes of the Fisherman zu sehen. »Mit dem Theater bin ich verheiratet, der Film ist meine Geliebte«, beschreibt Werner einmal sein Verhältnis zum Kino. Eine Liebe, die in seinem Publikum bis heute weiterbrennt.“

Oskar Werner Retro
100 Jahre Oskar Werner

Wer immer noch nicht den berühmten Columbo mit Oskar Werner gesehen hat: Die Folge heißt „Playback“, und mit jedem Mal Ansehen wird man weiterer herrlicher Details gewahr, und wer die Folge zum ersten Mal sieht – man muss nämlich kein Columbo-Fan sein, um sich das anzuschauen –, wird sehen: Auch hier ist der volle Oskar Werner drin, ohne jegliche TV-Krimi-Abzüge.

Diverse Führungen gibt es im Rahmen der begleitenden Ausstellung 100 Jahre Oskar Werner. Und auch im Rahmen des Sommerkinos „Kino wie noch nie“ (von 23. Juni bis 21. August) wird eine Auswahl der besten OW-Filme gezeigt.

Hier das gesamte Programm der Retro