Der Passfälscher, im Norden was Neues und u.a. das Ende von Halloween (oder auch nicht): der Kinovorschaufilter der Woche.
Wir beginnen gediegen, mit einem weiteren Historienfilm, der in der Zeit des Nationalsozialismus spielt und Geschichte anhand von exzeptionellen Einzelschicksalen darzustellen versucht. Der Passfälscher erzählt die Geschichte von Cioma Schönhaus (Louis Hofmann), der sich, obwohl Jude, im Berlin des Jahres 1942 unter die Deutschen mischt und damit sozusagen die Flucht nach vorn antritt. Pässe fälschen sollte man am besten unter aller Augen, im Park, erzählt er gleich zu Anfang von Maggie Perens Film. Peren hat als Drehbuchautorin von Napola – Elite für den Führer bereits Erfahrungen im Feld des deutschen Geschichtskinos sammeln können. Der Passfälscher ist für eine Trickster-Geschichte allerdings recht behäbig erzählt. Der Fokus des Films liegt nicht so sehr auf Pointen und Tempo, sondern auf der Konstruktion der möglichst authentisch wirkenden Filmwelt „Deutschland im Nationalsozialismus“. Am besten ist Der Passfälscher immer dann, wenn er zeigt, was trotz allem noch hin und wieder (und stark zufallsbedingt) an Eigensinn und individuellem Widerstand möglich war – die Lücken, die der Teufel lässt, sozusagen.
Sehr gegenwärtig wiederum ist Ruben Östlunds neuer Film Triangle of Sadness, für den er nach The Square erneut die Goldene Palme in Cannes bekommen hat. Eine bei aller Arthaus-Ästhetik recht rustikale analytische Destruktion der Klassengesellschaft, mit großem Kotz- und Fäkalspektakel im zweiten Akt (unsere Kritik).
Manche Filme halten ihre im Titel gegebenen Versprechen. Der Passfälscher zum Beispiel handelt von einem Passfälscher. Andere Filme wiederum können das, was ihr Titel suggeriert, nicht einlösen. Jüngstes Bespiel: Halloween Ends. Das ist nämlich geflunkert, vermute ich. Wenn etwas uns bis zum Ende der Tage begleiten wird, sind es endlos fortwesende Horrorfilm-Serien. Und das Halloween-Franchise gehört neben The Texas Chainsaw Massacre (hier eine Kettensägenführung) zu den langlebigsten. Vergleichsweise verlässlich hingegen wirkt die Ankündigung von Jamie Lee Curtis, dass dies ihr letzter Auftritt in der Serie sein wird. Und es ist schön, dass die jüngste Reanimation des Franchise (also Halloween, Halloween Kills und nun Halloween Ends, alle unter der Regie von David Gordon Green) Curtis einen würdigen Abschied von der Figur ermöglicht.
Das Heldentum als Hölle: Erich Maria Remarque hat den Schrecken des Ersten Weltkrieges mit seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ (1928), einem der ersten weltweiten Bestseller, ein immer noch beeindruckendes literarisches Denkmal gesetzt. Verfilmt wurde das Buch in Deutschland bislang nicht, erstaunlicherweise. Jetzt ist es soweit: Die Netflix-Produktion Im Westen nichts Neues läuft diese Woche in einigen Kinos und ab 28. Oktober dann im Stream. Der Deutschlandfunk sah „nichts als Gram, Schuld und Horror“, die Frankfurter Allgemeine jubilierte: „Besser kann der deutsche Film nicht sein“. Tatsächlich wirkt das alles im Vorfeld so erwartbar wie vielversprechend: Verlässlich gute Schauspieler wie Daniel Brühl und Albrecht Schuch, aber auch (auf der Leinwand) neue Gesichter wie der Burgtheater-Schauspieler Felix Kammerer leiden im Schützengraben und robben durch den Dreck (Brühl leidet allerdings eher am Verhandlungstisch). Der Trailer verspricht eine immersive Kriegsfilminszenierung, die auf Überwältigung setzt und dabei nicht so weit geht wie das ewige Vorbild Der Soldat James Ryan, aber doch darauf abzielt, spürbar werden zu lassen, was der Krieg zuallererst ist: Terror und Elend eben. Die Nazis wussten schon, warum sie 1930 versucht haben, die Kinovorführungen der ersten Verfilmung von Remarques Roman zu stören und zu verhindern.
Schließlich der Kinderfilm der Woche: Meine Chaosfee & ich. Die Fee Violetta (gesprochen von Jella Haase) schafft die Abschlussprüfung nicht und strandet in der Menschenwelt, im Schlafzimmer von Maxie, die gerade mit ihrer Mutter in eine andere Stadt zu ihrer Patchwork-Familie gezogen ist. Es folgt die gewohnt humoristische und actionreiche Behandlung von kinderfilmtypischen Fragen: Wo gehör ich hin, wer bin ich, was will ich, warum ist die Welt so kompliziert?