The Killer (2023)

Schnörkelloser Hitman-Hit von David Fincher – auf Netflix

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The Killer, 2023, David Fincher

THE KILLER: Der Titel des neuen Films von David Fincher könnte auch gut American Psycho lauten, mit dem kleinen, aber feinen Unterschied im Musikgeschmack. Die Lieblingsband von Bret Easton Ellis’ akribischem Mörder ist Genesis, während David Finchers namenloser Killer The Smiths bei der Arbeit hört.

Finchers Oeuvre ist ein Totentanz der Berufsmörder, und in der trügerischen Ruhe vor der Gewalt zeigt er sich von seiner besten Seite. Der Held, gespielt vom immer großartigen Michael Fassbender, hockt in einem leeren WeWork-Büro (das einst gehypte Unternehmen ist passender Weise gerade in Konkurs gegangen). Dort beobachtet er im Rear Window-Stil, wie Pariser auf der Straße ihren Geschäften nachgehen. Während er darauf wartet, dass seine Zielperson im Hotel gegenüber auftaucht, macht er Yoga oder ein Nickerchen und erzählt aus dem Off über die wahre Schwierigkeit seines Jobs, nämlich die Langeweile zu ertragen. Der berühmte Refrain von „How Soon is Now“ („I am human and I need to be loved“ ) wurde wahrscheinlich noch nie mit solcher Ironie umgesetzt.

Fincher, berühmt für Themen wie Besessenheit, Voyeurismus und akribische Zwänge, ist auch berüchtigt für seinen Perfektionismus, der sich gar nicht allzu sehr von dem des Killers unterscheidet. Fehler sind nicht erlaubt. Der Killer wartet und siehe da, das Ziel ist endlich da. Der Puls muss auf etwa 60 runter. Das verringert die Fehlerquote. Er zieht sich Handschuhe an, nimmt Augentropfen, schultert sein Scharfschützengewehr – und dann verfehlt er sein Ziel. Noch schlimmer, er erschießt die falsche Person. „Oh.“

Als der Killer nach Hause zurückkehrt, liegt seine Freundin bereits im Krankenhaus. Und da haben wir jetzt unseren Rachefilm. Sicherlich keine ganz neue Idee, aber eine hier handwerklich einwandfrei, wenn nicht gar virtuos umgesetzte. Fincher, der für diese Adaption der französischen Graphic Novel-Serie „Le Tueur“ wieder mit Se7en-Drehbuchautor Andrew Kevin Walker zusammengearbeitet hat, glänzt an Stellen mit Deadpan-Humor. The Killer wird sich wohl kaum an die Spitze seines Schaffens drängen, aber Fincher verfehlt sein Ziel nicht. Bonus: Tilda Swinton in einer kleinen Nebenrolle als „Expertin“, die Whiskey-Spezialitäten kippt, während sie ihrem eigenen Tod in die Augen blickt.

Wie man diesen Killer in sieben leichten Schritten erfindet, hat übrigens die New York Times kundig aufgeschrieben.

 

The Killer
USA 2023, Regie: David Fincher
Mit Michael Fassbender, Charles Parnell, Arliss Howard, Tilda Swinton
Laufzeit 118 Minuten