The Eternal Daughter: Damit beendet die britische Filmemacherin Joanna Hogg das Triptychon, das sie 2019 mit The Souvenir begonnen und zwei Jahre später mit The Souvenir Part II fortgesetzt hat. Das wird nirgendwo gesagt, aber The Eternal Daughter setzt die Saga in gewisser Weise fort und greift die Geschichte ein paar Jahrzehnte später wieder auf.
Zu Beginn rollt ein schwarzes Taxi durch ein Nebelmeer. Auf der Rückbank sitzt nicht eine, sondern zwei Tilda Swintons. Eine hat rotbraunes, kurzes Haar und sieht im Grunde wie die britische Schauspielerin in natura aus. Die andere hat weißes Haar und ist wesentlich älter. Sie fahren in ein abgelegenes Hotel am Land, wo sie den Rest des Films in einer Schauergeschichte verbringen werden. Das Landhotel ist wie ausgestorben. Geräusche ertönen im Dunkeln. Irgendwo tickt eine Uhr. Nebel wabert immer und überall. Die Mutter Rosalind hat ihre Kindheit hier verbracht, bevor das Haus zum Hotel wurde; deren Tochter Julie glaubt, ihr etwas Gutes zu tun, indem sie die alte Frau hierher bringt. Aber sie will auch einen Film über die beiden schreiben und beginnt, ihrer Mutter Erinnerungen zu entlocken, die schmerzhafter sind, als sie vermutet hatte.
Als Meisterin von Meta-Geschichten wird Joanna Hogg hier wieder einmal sehr persönlich. Genauer gesagt verhört sie sich selbst und stellt sich die Frage: Hat sie überhaupt das Recht, einen Film über ihre Mutter zu machen? Noch persönlicher wird der Film durch den Umstand, dass Joanna Hoggs eigene Mutter starb, während sie The Eternal Daughter im Schneideraum fertig stellte. Es ergibt Sinn, dass sie Swinton als sie selbst castet. Hogg hatte die damals noch unbekannte 26-Jährige in ihrem Kurzfilm Caprice (1986) besetzt, die beiden kennen einander seit ihrer Kindheit. Niemand ist besser gerüstet, um Hogg zu spielen und Tilda, die mit Tilda spielt, ist mit ihrem kühlen Porzellanteint wie geschaffen für solch einen gespenstisch-traurigen Film.
Es ist eine gemächliche, melancholische Geschichte über die Geister, die wir mit uns herumtragen. Der sanfte Schrecken liegt vor allem in der Inszenierung und im Sound, dem heulenden Wind, den lauernden Schatten, aber auch in einer Angst einflößenden Frage, die uns zum Nachdenken bringt: Wie gut kennen wir unsere Eltern wirklich?
The Eternal Daughter
UK 2022, Regie Joanna Hogg
Mit Tilda Swinton
Laufzeit 96 Minuten