Master Gardener (2022)

Die Rückeroberung des Paradieses, wie Paul Schrader sie sieht – im Stream oder auf Disc

Schrader, Edgerton, Master Gardener
Master Gardener, 2022, Paul Schrader

Master Gardener variiert das Lebensthema des calvinistisch geprägten Paul Schrader: Erlösung von der Erbsünde der Gewalt. Wie kann der Mensch als moralisches Wesen in einer Welt bestehen, deren distinktives Merkmal die Korruption des Moralischen ist? Die Frage treibt Schrader um, seitdem er Drehbücher schreibt und Filme dreht – und immer wieder aufs Neue ist in ihnen die Erlösung nur um den Preis der Gewaltsamkeit zu haben und mag der Widerspruch sich nicht auflösen.

In Master Gardener wird das Exempel an einem sanftmütigen Gärtner statuiert, der allerdings – wir ahnen es von jenem Moment an, in dem wir seines messerscharf gezogenen Scheitels ansichtig werden – ein Geheimnis verbirgt. Man kann es durchaus witzig, mindestens ironisch finden, dass kurze Rückblicke in Narvel Roths Neonazi-Vergangenheit diesen als verzottelten Hinterwäldler zeigen. Die Akkuratesse hat er sich offenbar erst mit seiner Rehabilitierung als Gärtner auf dem historisch bedeutsamen Anwesen der alternden Südstaatenlady Norma Haverhill angewöhnt. Die Lady weiß auch noch ganz anderen Nutzen aus dem in vollem Saft stehenden Mannsbild zu ziehen, das sie „Sweet Pea“ nennt, und dessen rassistisch durchtätowierter Oberkörper vom Animalischen seiner (vormaligen) Existenz Zeugnis ablegt.

Das Arrangement wird auf seine Sollbruchstellen hin getestet, als Maya, die „gefallene“ Großnichte („of mixed blood“) von Ms. Haverhill, bei Roth in die Lehre gehen soll und die beiden sich ineinander verknallen. Das gibt Sigourney Weaver die Gelegenheit, ihre alternde Südstaatenlady dergestalt eifersüchtig zu geben, dass auch Joel Edgerton, der seinen Gärtner als Hoffender against all odds anlegt, mal besser in Deckung geht. Die Vertreibung aus dem Paradies schweißt das alternativ zu Adam und Eva – und quer zu Ideologien, Lebensweisen und Hautfarben – entworfene Paar Narvel und Maya jedoch erst richtig zusammen. Es erfolgt die Rückeroberung des Paradiesischen. Zunächst in Gestalt einer wunderbar abstrus als explodierende Blumenwiese entworfenen Sex-Metapher – und dann konkret als gewaltsames Eindringen in verlorenes Terrain. Zuletzt wird der von Weaver verkörperten Schöpfergöttin von den im Garten Eden immerhin auch nicht untätigen Geschöpfen eine Ansage gemacht. Auch eine Lösung. Es mag vielleicht nicht ganz die erhoffte Er-Lösung sein, aber eine schöne, höhere Ordnung ist es doch. Was halt mit Menschenkräften möglich ist … denn der Geist ist willig, und das Fleisch bekanntermaßen oh so schwach.

Auf Disc bei Leonine Studios oder gegen moderates Entgelt bei diversen Streamern

 

Master Gardener
USA 2022, Regie und Drehbuch Paul Schrader
Mit Sigourney Weaver, Joel Edgerton, Quintessa Swindell
Laufzeit 111 Minuten