Darkman (1990)

Sam Raimi, Regisseur des aktuellen „Dr. Strange“-Sequels, hat „seinen“ dunklen Batman schon vor 30 Jahren gemacht.

Darkman, 1990, Sam Raimi

Noch bevor Batman sich mehr und mehr in einen traumatisierten, tendenziell depressiven Gebeutelten verwandelte, tobte 1990 Liam Neeson als Darkman über die Leinwand. Sam Raimis Superheldenfilm ist eigentlich keiner, sondern verwandelt die Figur des Rächers, der gegen das Böse kämpft, konsequent in etwas sehr Kaputtes. Dass ein großes Studio Raimi diesen Film, den ersten nach den beiden Tanz der Teufel-Teilen finanziert hat, ist rückblickend doch sehr erstaunlich. Darkman wirkt auch heute noch ähnlich manisch wie seine Hauptfigur.

Neeson spielt den Wissenschaftler Peyton Westlake, der künstliche, täuschend echte Masken aus Hautimplantat entwickelt, um Verbrennungsopfern wieder ein Gesicht zu geben. Sein Labor wird von Gangstern in die Luft gesprengt, Wastlake noch gefoltert, und der mit exzessiven filmischen Mitteln inszenierte Gewaltexzess, den Raimi in dieser und in noch einigen folgenden Szenen in Anschlag bringt, wirkt immer noch krass, weil er sich immer wieder von erzählerischen Notwendigkeiten löst und von der Lust an den eigenen inszenatorischen Mitteln forttragen lässt.

Der völlig verbrannte Westlake überlebt, in einem Krankenhaus werden ihm die Nervenenden durchtrennt. Schmerzbefreit und ohne Gesicht macht er sich auf den Weg, um nach und nach die Gangsterbande zu dezimieren. Man realisiert es zuerst nicht, weil Dynamik, Effekt und die Over-the-top-Performances das Geschehen immer wieder übersteuern; gerade die beiden Endkämpfe – eine Hubschrauberverfolgungsjagd und ein Zweikampf in ein paar hundert Metern Höhe – haben groteske Züge. Aber Raimi hat eine radikal toxische Superheldenfigur geschaffen, die ohne Alan Moores wenige Jahre zuvor erschienene Graphic Novel Watchmen so auch nicht denkbar gewesen wäre: ein von manischer Wut angetriebener Mann, der keine Schmerzen mehr spürt und sich dem, was er hasst, immer mehr angleicht. Am Ende verschwindet der Darkman maskiert in der Menge, als einer von vielen. Ein erstaunlich finsterer, dreckiger Film, insbesondere dann, wenn er komisch sein will.

(Auf Blu-ray bei Koch Media mit neuem Audiokommentar von Kameramann Bill Pope und neuen Interviews bzw. gegen geringes Entgelt bei diversen Streamern)

 

Darkman
USA 1990, Regie Sam Raimi
Mit Liam Neeson, Frances McDormand, Colin Friels, Larry Drake
Laufzeit 96 Minuten