Ein letztes hinterhältiges Hurra

Streaming-Tipp: zum Finale von „Succession“

Succession, 2018–2023, Jesse Armstrong

„Succession“: Das moderne Königsdrama ist auch in seiner letzten Season köstlich intrigant wie eh und je – bei Sky.

Wir haben Logan Roy viele Male in seiner Shakespeare-Rage gesehen, wie er vor Frust „Fuck off!“ brüllte oder seine Stimme mit kalter Akribie senkte. Aber ich glaube nicht, dass wir den großen Mann jemals so klein und unglücklich gesehen haben wie in den ersten Momenten der vierten und letzten Staffel von Succession. Es ist der 80. Geburtstag des Medienmoguls, er ist umgeben von schmierigen Schleimern und keines seiner Kinder, die er ein Leben lang gegeneinander ausgespielt hat, ist auf seiner Feier erschienen. Also schleicht er sich davon und geht mit seinem Leibwächter in ein schmuddeliges Diner. „Du bist mein bester Kumpel“, sagt der alte Mann und grübelt dann darüber nach, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Logan Roy, gespielt von Brian Cox, sucht natürlich keine echte Freundschaft. Er wüsste nicht, was er damit anfangen sollte, selbst wenn sie ihm angeboten würde.

Auf diesen Moment hat der Schöpfer der HBO-Serie, der britische Comedy-Autor Jesse Armstrong, drei Staffeln lang hingearbeitet. Mit seinem Erbstreit als Erzählkern und opulenten, fast lyrischen Dialogen wird Succession gern als eine Art modernes Shakespeare-Drama bezeichnet. Und befänden wir uns tatsächlich in einem solchen Drama, dann kämen wir jetzt im letzten Akt an: dem Niedergang des Königs.

Logans Verrat durch seine drei jüngsten Kinder am Ende der dritten Staffel (er hat sie natürlich zuerst verraten, sieht das aber nicht so) hat ihn einsam zurückgelassen. Wo seine „Ratten“ sind, will er von Tom wissen, und meint damit seine machthungrige Brut Kendall (Jeremy Strong), Shiv (Sarah Snook) und Roman (Kieran Culkin), die irgendwo in Los Angeles einen Plan aushecken, wie sie sich von Daddy dearest für immer emanzipieren können. „Es ist einfach eine komplizierte, private Situation“, sagt Roman. „Aber wir hassen ihn alle“, ergänzt Shiv.

Succession Siblings
Jeremy Strong, Sarah Snook, Kieran Culkin

Die Kinder wollen eine neue, eigenständige Medienmarke gründen. Aber wie immer ist jede Geschäftsidee, auf die die Roy-Geschwister kommen, die schlechteste Geschäftsidee von allen. Es ist ein „Club für private Mitglieder, aber für alle“ und „Clickbait, aber für kluge Leute“ mit dem „Ethos einer gemeinnützigen Organisation“. Es klingt lächerlich und es dauert ungefähr drei Sekunden, bis sie auf eine andere, viel bessere Idee kommen. Sie verhindern, dass ihr Vater ein sterbendes, altes Medienunternehmen kauft, indem sie es selbst kaufen. Und diese Kriegserklärung legt die Schienen für den Rest der Final-Season.

Im Grunde war Succession immer eine Geschichte über Menschen, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um den einzigen Gott zu entthronen, den sie eigentlich anbeten. Der muss seine „Untertanen“ unterdessen immer wieder daran erinnern, dass sie Versager sind, woran wir z.B. in der zweiten Folge, in der alle Roys in einer Karaoke-Bar zusammenkommen, eindrucksvoll erinnert werden. Nach einigem Hin und Her sagt Logan zu seinen Kindern: „Ich liebe euch, aber ihr seid keine ernstzunehmenden Menschen.“ Succession ist immer noch die beste Beleidigungskomödie, die es derzeit im Fernsehen gibt.

Alles, was wir an Succession lieben, ist noch einmal reichlich vorhanden: Ein Haufen hinterhältiger Milliardäre ist so besessen davon, einander zu übertrumpfen und zu beleidigen, dass sie sich selbst zerstören. Nicht viel Neues also, es geht in dichten Episoden genauso weiter wie davor. Mehr Intrigen. Mehr Rache. In vielerlei Hinsicht fühlt es sich an, wie wenn sich ein Kreis zum Anfang schließt. Die Kinder verschwören sich gegen ihren Vater. Tom (Fan-Favorit Matthew Macfadyen, hier eine Hymne auf ihn) ist immer noch die menschliche Hauptschlagader der Serie; der englische Schauspieler schafft es, in den neuen Folgen besonders verletzlich und gefährlich auszusehen, selbst in seinen feigsten Momenten. Cousin Greg (Nicholas Braun) ist immer noch ein Meister im Scheitern. Connor (Alan Ruck) ist immer noch das ungeliebte Stiefkind in der Familie. Jeder hier ist in gewisser Weise ein Trottel oder ein Menschenfeind oder beides zugleich.

Wenn es redundant wirkt, dann deshalb, weil das eine der Essenzen von Succession war und ist: Menschen ändern sich nicht, jedenfalls nicht wirklich. Es bedeutet, dass die Geschichte sich immer wiederholt oder zumindest reimt, und doch bleiben die Dinge nicht gleich. Jesse Armstrong fügte den Screenern, die Kritiker:innen zur Verfügung gestellt wurden, eine sehr nette Notiz bei, in der er uns höflich darum bat, nicht zu viel darüber preiszugeben, was passiert oder warum, aber ich denke, so viel lässt sich sagen: Die Serie bereitet sich in den ersten vier Saison-Folgen auf ihre letzte Vorstellung vor und das Ende wird nicht alle glücklich stimmen. Aber ich habe es in einer Art trauriger Hypnose verschlungen.

„Was ist ein Mensch?“ fragt Logan seinen Leibwächter beim Essen, bevor er seine eigene Frage beantwortet. Ein Mensch, betont er in charakteristisch gefühlskalter Logan-Art, sei nur „eine wirtschaftliche Einheit und wenn er stirbt, hört er einfach auf, innerhalb der Märkte zu existieren“. Succession hat diese unerbittlich kapitalistische Haltung immer schon aufgespießt. Aber Logan Roy soll verdammt sein, bevor er sein Reich an das falsche Kind abgibt.