Déjà-vu

Kultfilme als Serienkopien: ein Irrweg

Birch, Weisz, Dead Ringers, 2023
Dead Ringers, 2023, Alice Birch

American Gigolo, True Lies, Fatal Attraction, Dead Ringers & Co: Hollywood sollte damit aufhören, aus Kultfilmen Serien zu machen.

American Gigolo, der Erotikthriller von Paul Schrader aus dem Jahr 1980, der Richard Gere zum Superstar machte, beginnt mit einer großartigen, ikonischen Titelsequenz. Gere fährt in einem Cabriolet mit offenem Verdeck über eine Autobahn am Meer und der Wind weht durch sein Haar. Während Blondies „Call Me“ dröhnt, lässt er sich einen Anzug anfertigen, lässt eine ältere Frau die Rechnung für das Outfit bezahlen, setzt sie zu Hause ab, küsst sie auf den Hals und saust die Straße hinunter, Richtung luxuriöses Eigenheim. Gere ist Julian Kaye, eine High-End-Eskorte.

American Gigolo, die Dramaserie, die man hierzulande gegen Entgelt bei Prime Video sehen kann, hat diese Montage reproduziert (paradoxer Weise stark verdichtet) und ihren coolen Titelsong beibehalten, aber diesmal bekommen wir die gebräunten Bauchmuskeln von Jon Bernthal zu sehen. Gere verkörperte etwas schwer Fassbares, das Schrader als „Reptil-Rätselhaftigkeit“ bezeichnet hat. Bernthal hat keine solche Rätselhaftigkeit. Während der Originalfilm aus dem Jahr 1980 den Geist seiner Zeit einfing, hat die Serie hauptsächlich Redundanz zu bieten. Um das Problem deutlicher zu formulieren: Warum sollen wir uns einen schlechten Doppelgänger ansehen? Noch dazu acht Folgen lang.

Natürlich ist es kein Wunder: In einer Zeit, in der die Mehrheit neuer Kinofilme auf Nostalgie und bestehendem Bekanntheitsgrad basieren, folgt auch das Fernsehen diesem Beispiel. Warum bei null anfangen, wenn Sie eine vorhandene Immobilie umbauen können, wenn alle schweren Arbeiten bereits erledigt sind und ein gewisser Kultstatus bereits aufgebaut ist?

Bei Paramount+ arbeitet man an einer aktuellen Version von Flashdance aus dem Jahr 1983 über eine schwarze Frau, die versucht, in der Welt des Balletts Fuß zu fassen; und an einer Serienwerdung von The Italian Job aus dem Jahr 1969 (als Remake bereits variiert 2003), in der es um „die Enkel des legendären Charlie Croker“ geht. Dass Filme zu Serien verarbeitet werden, ist kein neues Phänomen, aber in letzter Zeit wachsen sie wie die Schwammerl aus dem Hollywood-Boden. In den vergangenen Monaten starteten noch fünf weitere seelenlose Serien, die früher einmal Filme waren: Fatal Attraction bei Paramount+, Dead Ringers bei Prime Video, True Lies bei Disney+, Grease – Rise of the Pink Ladies bei Paramount+ und Fubar bei Netflix, im Grunde nichts anderes als eine inoffizielle Fortsetzung von True Lies.

Man kann diese Filme im Jahr 2023 nicht einfach zu Serien aufgebläht noch einmal drehen, weil sie Produkte ihrer Zeit waren. Schraders American Gigolo kam in die Kinos, als die hedonistischen 1970er Jahre in die reaktionären 1980er Jahre übergingen. Ein stilvoller Gigolo war ein starkes Symbol in einer Zeit, in der Feminismus und Schwulenbefreiung traditionelle Rollen in Frage stellten. Genauso wenig kann man die Sexualpolitik eines Erotikklassikers wie Adrian Lynes Fatal Attraction aus dem Jahr 1987 in die Gegenwart holen – schon gar nicht ohne die großartige Glenn Close.

Das Original hatte die weltweit höchsten Einspielergebnisse des Jahres, bekam sechs Oscar-Nominierungen und enthält legendäre Momente wie einen gekochten Hasen und Sätze wie „I am not going to be ignored, Dan“. Ich habe den Film viele Male gesehen (und genossen), aber er ist natürlich zutiefst sexistisch. Die Erotikthriller des 20. Jahrhunderts waren schmuddelig in jeder Hinsicht. Das war ein großer Teil ihrer Anziehungskraft. Gespräche über Sex, Gender und psychische Gesundheit haben sich im Laufe der Jahrzehnte und besonders mit MeToo verändert. Das erklärt weitgehend, warum die Serie Fatal Attraction, die nicht mit der Zeit gegangen ist, so eine Katastrophe ist.

Die achtteilige Neuauflage bietet jungianische Theorien und einen psychologischen Blick auf die Schurkin Alex Forrest, ist aber alles andere als eine feministische Neuinterpretation. Es ist immer noch, was es immer war: eine Geschichte über einen „guten“ Mann, der von einer „verrückten“ Frau ruiniert wird. Joshua Jackson und Lizzy Caplan sind gute Schauspieler, aber sie fangen nichts von der Erotik zwischen Michael Douglas und Glenn Close im Original ein.

Dead Ringers bei Prime Video erreicht in sechs Stunden weniger als David Cronenbergs Kultklassiker aus dem Jahr 1988 in zwei Stunden schaffte. Der Film mit Jeremy Irons war eklig, provokant und faszinierend. Die Serie, in der die wunderbare Rachel Weisz eineiige Zwillinge und berühmte Gynäkologinnen spielt, wurde unnütz in die Länge gezogen. Dabei hilft auch die Optik des Prestigefernsehens nicht. Makelloser Farbglanz, der weit entfernt ist von David Cronenbergs klinischer Kühle.

Ein anderes algorithmisches Remake aus jüngster Zeit – mit Abstand das schlimmste von allen auf dieser Liste – ist True Lies (Disney+). Für das US-Fernsehen abgemildert, verpfuscht die Serie James Camerons 1994er Action-Comedy mit Arnold Schwarzenegger und Jamie Lee Curtis. Es gibt keine Spannung, keinen Sex und keine Lügen. Die Serie wurde abgesetzt, noch bevor die erste Staffel überhaupt ausgestrahlt worden war.

Um die Worte von Alex Forrest etwas abzuändern: Es handelt sich bei all diesen Serien um Remakes, die Sie gerne ignorieren dürfen. Sehen Sie sich lieber die Originale an.