Podcast-TV

Die Renaissance des Audiophilismus brachte eine TV-Goldmine.

The Shrink Next Door, 2021, Georgia Pritchett

Wenn Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen ist, dass der Podcast, von dem Sie besessen sind, auch als Film oder Fernsehserie gut funktionieren würde, liegt das wahrscheinlich daran, dass er genauso auch gedacht ist. Podcasts kommen oft wie Miniserien daher, mit Cliffhangern und Enthüllungen und dem häufig obligatorischen „based on a strue story“. Unglaublich viele hören zu und jede:r Prominente will Teil von einem sein – inklusive Barack Obama und Bruce Springsteen.

Als vor siebzehn Jahren ein Journalist vom Guardian das Wort „Podcast“ erfand und als iTunes damit begann, hörten nur die Audiophilen zu. Inzwischen sind Podcasts ein großes Geschäft. Hollywood hat das bemerkt und begonnen, Rechte einzukaufen – nicht unähnlich dem Comic-Hype vor vielen Jahren. Amazon hat 2020 Wondery zu einem geschätzten Preis von mehr als 300 Millionen US-Dollar gekauft. Der Boston Globe schrieb: „Podcasts are hot, hot, hot“.

And we just can’t get enough. Von Wondery, der Firma hinter Dirty John und Dr. Death, kommt auch The Shrink Next Door, ein Podcast, den Apple TV+ in keine üble Serie umgewandelt hat, und WeCrashed (mehr zur Serie mit Jared Leto und Anne Hathaway hier.)

Die Sache ist die: TV- und Filmfirmen gehen nicht gern große Risiken ein. Wenn sich also etwas als beliebt erwiesen hat, ist das sehr beruhigend. Außerdem bringen die bereits vorhandenen Audiogeschichten natürlich schon Fans mit. Ob nun also Modeerscheinung oder nicht, ein Ende des Podcast-to-TV-Trends ist derzeit nicht in Sicht.

Im Gegenteil: Renée Zellweger spielt die Killerin Pam Hupp, die Protagonistin des Podcasts The Thing About Pam. Die neue Watergate-Serie mit Julia Roberts und Sean Penn basiert auf der ersten Staffel des Podcasts Slow Burn und erscheint am 24. April unter dem Titel Gaslit auf Prime Video. Der Radio-4-Podcast-Hit Tunnel 29 über einen Tunnel unter der Berliner Mauer wird ebenso in eine Serie verwandelt.

Und wenn wir schon bei der Mauer sind. Ein regelrechter Hit im Jahr 2020 war Wind of Change, eine wilde Verschwörungstheorie darüber, ob die CIA den Scorpions-Song als Propagandamittel gegen den Kommunismus geschrieben hat (ja, das habe ich tatsächlich gerade getippt).

Manchmal bringt auch nur eine Episode einen Film hervor. Eine Folge aus dem Podcast This American Life inspirierte Lulu Wangs schönen Film The Farewell.

Gimlet Media, die Muttergesellschaft, die Homecoming produziert hat, hat den Podcast-to-TV-Trend früh erkannt und mit einer ganz neuen Abteilung in ihrem Unternehmen darauf reagiert. Für schlappe 230 Millionen US-Dollar erwarb der Streamer Spotify 2019 Gimlet Media. Und 2020 hat sich Spotify mit Chernin Entertainment zusammengetan, der Firma hinter Ford v Ferrari, Hidden Figures und New Girl.

Eine Geschichte im Deadline-Magazin charakterisierte Hollywoods Interesse an Podcasts als „Fütterungswahn“. Und während der Rubel rollt, ist natürlich nichts falsch daran, Podcasts mit Blick auf Hollywood zu kreieren. Das Filmgeschäft wird immer noch von Remakes, Sequels, Superhelden und anderen Tentpole-Produktionen dominiert. Vielleicht bekommen wir mit Podcasts mehr originäre Geschichten. Mehr Menschen denn je hören zu.