Patientin Romcom

Die romantische Komödie wurde für tot erklärt. Doch sie atmet noch.

Marry Me, 2022, Cat Koiro © Universal Pictures

Jahre lang wurde uns gesagt, dass die romantische Komödie im Sterben liege oder gar schon umgekommen sei. Nachrufe wurden geschrieben, Nachforschungen darüber angestellt, wer das Genre getötet hat, Autopsien durchgeführt, so auch von einem Kritiker der New York Times. Wenn die Romcom wirklich gestorben ist, dann war Valentine’s Day (2010) das laute Todesröcheln und Mother’s Day (2016) war der letzte Atemzug. Ein Moment, in dem die Hollywoodstudios eine Menge Promis an die Wand warfen, in der Hoffnung, dass einer von ihnen kleben bleibt. Nun kommt ein Film ins Kino, der wie eine Degression in die Nullerjahre aussieht, als Matthew McConaughy in Wedding Planner Jennifer Lopez vor dem peinlichen Tod durch eine mobile Mülltonne rettete: Marry Me.

Die „Todesursache“ dieser Art Romcom war ein gesättigter Markt, und vielleicht auch der x-te Film mit einem oberkörperfreien Matthew McConaughey. Hollywood quetschte das letzte bisschen Leben aus dem Genre. Wer eine Kopie einer Kopie zu kopieren beginnt, bekommt ein Frankenstein-Monster, das man schon unzählige Male zuvor gesehen hat. Die Zuschauer:innenzahlen gingen zurück, die Stars wollten nicht mehr mit dem Genre assoziiert werden, und die großen Studios gingen zu Fantasy-Universen über (romantische Komödien starten keine Franchises). Aber vor allem veränderte sich die Welt, in der wir leben.

Während all das passiert ist, wurde die Patientin Romcom an anderer Stelle künstlich beatmet. Netflix hat das Genre am Leben erhalten und eine Art Nischenmoloch erschaffen. Im Jahr 2018, als auch der Mega-Hit Crazy Rich Asians in die Kinos kam, rief der Streamer einen „Sommer der Liebe“ aus und startete eine Kampagne, um uns wieder zu jenem Eskapismus zu verführen, den viele von uns in den Neunzigerjahren geliebt haben: zuckerhaltige Romcoms, aber mit mehr Diversity, nicht nur heterosexuellen Liebesbeziehungen und der Umkehr von traditionellen Geschlechterrollen, darunter The Kissing Booth, To All the Boys I’ve Loved Before, und The Half of It, um nur die Hits zu nennen. Jetzt feiert der Streamer den Valentinstag mit Love and Leashes und Love Tactics – beides zu vernachlässigen. Dann lieber ins Kino gehen und den Siebzigerjahre-Liebestaumel in Paul Thomas Andersons Meisterwerk Licorice Pizza ansehen (sein Held, ein erdbeerblonder 15-jähriger Prahler, heißt Gary Valentine).

Wir wollen hier nicht über den Ursprung des Genres diskutieren, aber angesichts von Screwball Comedies wie It Happened One Night (1934) oder Bringing Up Baby (1938) ist das Genre ein Greis. Meine Generation der Millennials wuchs in einer Blütezeit des Genres auf, die im Jahr 1989 mit When Harry Met Sally begann und im Jahr 2002 in der erfolgreichsten romantischen Komödie aller Zeiten kulminierte: My Big Fat Greek Wedding. Wir sahen im Samstagabendfernsehen die Wiederholungen von Pretty Woman, Groundhog Day, She’s All That, Four Weddings and a Funeral, My Best Friend’s Wedding, Bridget Jones’s Diary, What Women Want, Housesitter ... Und natürlich: Kaum einer der kultigen Filme aus dieser Zeit kommt heute unversehrt davon – aus gutem Grund. Eine Prostituierte, die von einem Millionär gerettet wird? Eine Frau, die zehn Tage lang mit einem Kerl ausgeht, und ihn dann verscheucht, indem sie alles tut, was Frauen in Beziehungen „falsch“ machen (z.B. Männerabende verderben und auf ihm kleben)?

Aber hier ist ein Geständnis: Mir schwillt immer noch das Herz an, wenn ich ein paar Takte von Roxettes „It Must Have Been Love“ im Radio höre, auch wenn mir klar ist, dass der Cinderella-Komplex in Pretty Woman ein falsches Vorbild für junge Frauen darstellt. Wie die feministische Schriftstellerin Roxane Gay sagte: „Ich glaube nicht, dass Liebe tatsächlich so passiert, wie Hollywood es vorgibt … Allerdings genieße ich eine gute Lüge.“

Einige dieser Filme waren großartig. Die Mehrheit davon war es nicht und viele von ihnen sind schlecht gealtert. Es gab tonnenweise Märchen, in denen sich hauptsächlich heteronormative, weiße Menschen auf die Suche nach der „wahren“ Liebe machten. Es war eine Zeit, in der adrette Männer zu schrulligen Frauen sagten, „Ich mag Sie sehr genau wie Sie sind“ (wer will das nicht hören?) und Frauen davon träumten, von Rittern auf weißen Pferden gerettet zu werden – die dann in einer weißen Limousine vor der Feuerleiter auftauchten.

Ich frage mich, ob Hetero-Frauen, die mit diesen Klischees aufgewachsen sind, mit dem Erwachsenwerden das Interesse an der romantischen Komödie verloren haben, weil sie gemerkt haben, dass ein „Happy End“ sich so flüchtig und falsch anfühlen kann und Liebe nicht alles schön macht. Das wusste schon Nicolas Cages Ronny Cammareri in Moonstruck (1987), wenn er zu Chers Loretta sagt: „Die Liebe macht die Dinge nicht schön, sie ruiniert alles! Es bricht dir das Herz, es bringt die Dinge durcheinander. Wir sind nicht hier, um die Dinge perfekt zu machen. (…) Nicht wir! Wir sind hier, um uns selbst zu ruinieren und unsere Herzen zu brechen und die falschen Menschen zu lieben und zu sterben!“