„Shotgun Wedding“ ist eine eher spezielle Hochzeit. Dazu Hollywoods ekstatische Frühzeit, Marias Neubeginn, eine True-Crime-Satire und Hamlet auf Ukrainisch: unsere Wochenstartauswahl.
Es geht los mit dem vielleicht Besten, was dem US-Kino zurzeit passieren kann: einer über dreistündigen impliziten Verfilmung von Kenneth Angers True-Crime-Pulp-Klassiker „Hollywood Babylon“. „Verfilmung“ nicht in dem Sinne, dass Babylon (dem im deutschsprachigen Raum der wieder einmal etwas depperte Untertitel Rausch der Ekstase beigegeben wurde), Angers sensationalistische Rekonstruktion der frühen, exzessiven Jahre Hollywoods eins zu eins verfilmt hätte. Aber inspiriert von Angers Buch ist Damien Chazelles Film definitiv: ein Bilderrausch, in dem sich Exzess an Exzess reiht. Zum Glück erschöpft sich Babylon aber nicht in der Inszenierung von Transgression, sondern zeigt ein sehr genaues Verständnis von Filmgeschichte. Am Ende versinkt auf der Leinwand alles im Delirium. (Hier unsere ausführliche Kritik, inklusive Bibelzitat.)
Wesentlich wohltemperierter ist die französische Feel-Good-Komödie Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs. Einer der Filme, die gern mit dem Adjektiv „liebenswert“ bedacht werden, was meist bedeutet, dass sie niemandem Böses wollen und ihnen vor allem an der Herstellung eines Eindrucks von Harmonie gelegen ist. Maria (Karin Viard) arbeitet als Putzfrau, ist Mitte 50 und in einer eher frustrierenden Ehe gefangen. Sie putzt an der Pariser Akademie der Schönen Künste und kommt in Kontakt mit dem französischen Bildungsbürgertum, das hier ein Scharnier zu einer interessanteren, lebendigeren Welt bilden soll. Maria versteht nichts von moderner Kunst, und der Film spult routiniert ein paar Witze über verblasene Künstlerideen und die naive Betrachterin ab. Um dann zu zeigen, wie Maria sich doch noch einmal verändert, flirtet, Modell sitzt – alles aber wie gesagt friedfertig erzählt und nicht als Ausbruch.
Noch ein Feel-Good-Movie, aber feuerwerkslastiger: In Shotgun Wedding wird die Hochzeitsfeier von Darcy (Jennifer Lopez) und Tom (Josh Duhamel) gesprengt, und zwar von einer Gruppe Geiselnehmer:innen, die die Gäste einfängt. Nur Darcy und Tom nicht, die daraufhin mit allen Mitteln damit beschäftigt sind, ihre Familien und Freunde und außerdem ihre Beziehung zu retten. Ein komplett harmloser und egaler Film, aber auch nicht vollkommen langweilig.
Rache auf Texanisch (OT: Vengeance) ist nur auf den ersten Blick ein Thriller. Der Radiojournalist Ben Manalowitz (gespielt von Regisseur B.J. Novak) fährt in die texanische Einöde, um den Tod einer jungen Frau aufzuklären, mit der er vor längerer Zeit eine kurze Affäre hatte, und einen True-Crime-Podcast darüber zu produzieren. Der Whodunit-Aspekt rückt bald in den Hintergrund, und Rache auf Texanisch entpuppt sich als Mediensatire und Parodie auf den True-Crime-Boom. Und der Film verhandelt außerdem noch, wie nebenbei, das kulturelle Provinz-Stadt-Gefälle in den USA. Auf allen Ebenen aber im Versuch, gängige Klischees nicht zu reproduzieren, sondern zu unterlaufen (hier geht‘s zum Trailer).
Weg von den First-World-Problemen: Der Dokumentarfilm Das Hamlet-Syndrom zeigt die Proben zu einer Hamlet-Inszenierung in einem ukrainischen Theater. Die Regisseure Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski begleiten die Proben mit der Kamera, während der sich die Schauspieler:innen mit ihren Kriegserfahrungen auseinandersetzen. Das Hamlet-Syndrom ist vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 gedreht worden und gibt damit ein Bild der „Generation Maidan“ in der Ost-Ukraine nach 2014.