Langfilme sind Angeber?

Neu im Kino KW 21

monica barbaro, top gun maverick
Top Gun: Maverick, 2022, Joseph Kosinski

Neben dem Wiederholungstäter Tom Cruise („Top Gun Maverick“), dem aktuellen Immenhof-Kitsch und römischen Pensionisten: nicht viel Neues auf den Leinwänden. Dafür kommt das Vienna Shorts Festival zurück in die Kinos. Von Benjamin Moldenhauer und Roman Scheiber.

Manche Sequels kommen spät, und wirklich drauf gewartet hat in diesem Fall wohl kaum noch wer. Der Produktionsprozess von Top Gun: Maverick zog sich über Jahre, ein ewiges Hin und Her, das unter anderem dem Problem geschuldet war, wie man die Geschichte in die Jetztzeit überträgt. Schließlich liege, wie vulture.com schon 2010 vermeldete, der Fokus der United States Navy Fighter Weapons School inzwischen „less on the spectacular and dramatic air-to-air dogfights“ sondern in der Befähigung der Piloten, „to drop very large bombs on very small ground targets“. Was natürlich keine so schönen Heldengeschichten abgibt. Dem Trailer nach zu urteilen, haben sich die Produzenten (u.a. Jerry Bruckheimer und Tom Cruise), Drehbuchautoren (u.a. Ehren Kruger) und Regisseur Joseph Kosinski darauf verständigt, derlei Feinheiten der aktuellen Militärpraxis zu ignorieren und so zu tun, als wäre, in dieser Hinsicht, für immer 1986. (Und doch kann man diesem Film so einiges abgewinnen, findet unsere Rezensentin.)

Wenn die Deutschen den 2. Weltkrieg gewonnen hätten, würden heute wahrscheinlich nur noch solche Filme gedreht: Immenhof 2 – Das große Versprechen besticht durch Postkartenbilder schöner Natur, junger Frauen, die auf Pferden reiten und durch viele Sätze, die klingen, als hätte sie jemand ausgestanzt („Ich dachte, das Triple wär vom Tisch“, „Das hat bis heute noch kein Pferd geschafft“, „Das Triple. Nur darauf kommt es an.“). Ein Film, der so gesund wirkt, das man beim Zuschauen Atemnot bekommt.

U.a. der Falter empfiehlt folgenden Film, die Synopsis geht so: Man ist nie zu alt, um sein Leben zu ändern. Das sagen sich Attilio, Giorgetto und der Professore, drei auf unterschiedliche Weise leidgeprüfte Pensionisten aus Rom, die sich entschließen, auszuwandern. Aber wo genau wollen sie hin? Das ist nur eine von vielen Fragen, die es in Cittadini del Mondo – In der Ferne liegt das Glück zu klären gilt. Als sie bei den Vorbereitungen den jungen Malier Abu kennenlernen, nehmen sie sich des mittellosen Flüchtlings an.

Nach zwei Jahren Jahren „digitaler Abstinenz“ ist Vienna Shorts, das internationale Kurzfilmfestival, auf Wiener Leinwände zurückgekehrt: Ganze 360 Filme (aus 70 Ländern), das geht sich innerhalb von fünf Tagen nur unter dem früheren Motto des Festivals – „Langfilme sind Angeber“ – aus, wenn nämlich das einzelne Stück deutlich kürzer ist als zum Beispiel 130 Minuten Cruise Control. Apropos, liebe Vienna Shortler: Wollt ihr euch mal die Mühe machen, die Durchschnittslänge der Filme eures Gesamtprogramms auszurechnen respektive von eurem Datenbankprogramm ausrechnen zu lassen? Würde uns interessieren.

Neben einem Ukraine-Special, Baulücken-Freiluftkino plus Konzert, einer Late-Night-Schiene und Performances widmet sich Vienna Shorts im Rahmen einer Personale dem exorbitanten Werk von Laura Huertas Millán zwischen Film, zeitgenössischer Kunst und Forschung. Die gebürtige Kolumbianerin wählt den Begriff Ethnographic Fiction für ihre Arbeitspraxis und stellt Exotismus, Ethnographie und Anthropologie in eine dynamische Wechselbeziehung. Ihre Filme lassen sich als vielgestaltige Herausforderung lesen, herkömmliche Betrachtungsmuster zu hinterfragen bzw. neu zu justieren, sagt Dietmar Schwärzler, Geschäftsführer von sixpackfilm und Kurator des zweiteiligen Programms.

Zentrale Spielstätte ist das Stadtkino im Künstlerhaus, gespielt wird noch bis 30. Mai. Nach der Preisverleihung werden Wettbewerbsfilme weiterhin online gezeigt, bis 30. Juni.