Krisenehepaare

Neu im Kino KW 37 (AT)

Clooney, Roberts, Ticket ins Paradies
Ticket to Paradise, 2022, Ol Parker

Ticket ins Paradies und anderswohin für geschiedene Eheleute; eine Meisterköchin, Bowie, ein Creeper, Schwall ins All: Wir filtern die dieswöchige Kinostartflut in Österreich.

Schön, aber auch schön seicht geht es los, mit der Romantic Comedy Ticket to Paradise, mit dem nach Ocean’s Eleven und diversen anderen Filmen sehr routinierten Star-Duo George Clooney und Julia Roberts. Die beiden spielen hier ein geschiedenes Ehepaar, das sich zusammenraufen muss, um die Hochzeit der eigenen Tochter (Kaitlyn Dever) auf Bali zu verhindern. Letztere nämlich soll nicht die Fehler wiederholen, die die Eltern gemacht haben. Regisseur Ol Parker scheint mit Ticket ins Paradies an die Screwball-Tradition anschließen zu wollen. Vielleicht rührt der Eindruck aber auch daher, dass Clooney, wenn er in Komödien spielt, oft wirkt wie ein Wiedergänger von Cary Grant.

Auch in Lieber Kurt, dem neuen Film des deutschen Filmemacher-Unikats Til Schweiger, geht es um ein getrenntes (Ex-)Ehepaar. Allerdings ist das Familiäre hier Bühne für ein Drama um Trauer und Verlust. Jana (Jasmin Gerat) und Kurt (Til Schweiger) teilen sich das Sorgerecht für ihr gemeinsames Kind (Levi Wolter), das auch Kurt heißt. Das Patchwork wird komplett durch Kurts neue Freundin Lena (Franziska Machens). Dann passiert das Schlimmste: Kurt, das Kind, stürzt und stirbt, und Schweiger versucht, adäquate Bilder und Töne für elterliche Trauer und Verzweiflung zu finden. Die inszenatorische Methode der Wahl ist der Holzhammer, wie auch schon in Schweigers Komödien, nur eben jetzt in Melodramatisch. Auf der Haben-Seite ist Peter Simonischek (Toni Erdmann) in Lieber Kurt zu sehen; aber eben auch Heiner Lauterbach.

Das dritte Ehepaar in der Kinovorschau dieser Woche: Will (Gerard Butler) sieht rot und jagt die Entführer seiner Frau (Jaimie Alexander). Und weil eben die mitten in einer eskalierenden Ehekrise verschwunden ist, fällt der Verdacht auf den zu allem Unglück auch noch gehörnten Ehemann. Der dann allerdings, Chase ist ein Action-Thriller, auf seinem Weg freigiebig austeilt.

Vergleichsweise erholsam, zumindest wenn man französische Feel-Good-Komödien im Gefolge von Ziemlich beste Freunde erträgt, ist Die Küchenbrigade, in dem eine Meisterköchin nach Jobverlust eine Stelle als Kantinenköchin in einem Heim für unbegleitete minderjährige Geflüchtete annehmen muss. Die Küchenbrigade ist ein Film, der zum allseitigen Wohlgefallen unablässig davon erzählt, wie bereichernd es ist, wenn man Klassen- und sonstige Schranken zwischenmenschlich hinter sich lässt. Grenzen, die die Figuren in den französischen Komödien der letzten Jahre dann aber auch nie wirklich infrage stellen, sondern letzten Endes eben als bereichernd empfinden – denn es sind ja gerade die Unterschiede, die die Welt so interessant machen. So bleibt auch in Die Küchenbrigade alles so, wie es ist, und das Bild der Gesellschaft, das hier gezeichnet wird, ist ein im Prinzip sehr durchlässiges.

Dann doch lieber Jeepers Creepers Reborn, der vierte Teil der atmosphärisch mitunter recht schönen Jeepers Creepers-Reihe. Reborn ist der erste Jeepers Creepers-Film, bei dem nicht der verurteilte Sexualstraftäter Victor Salva Regie führte. Sondern Timo Vuorensola, Regisseur der launigen Iron Sky-Filme. Der schwarze Mann, der Creeper, wird im vierten Teil auf ein Horrorfestival in Louisiana losgelassen. Der creepige Trailer führt die verschiedenen Modi erschöpfend vor: um sein Leben laufen, mit schreckgeweiteten Augen in die Kamera schauen, wimmern, alles in einem effektiv gestalteten Geisterbahn-Setting.

Filmästhetisch eine ganz andere Liga ist Moonage Daydream, der massig viel Material zu David Bowie neu montiert, darunter viel Unveröffentlichtes aus den privaten Bowie-Archiven. Wie schon mit Cobain: Montage of Heck gelingt Regisseur Brett Morgen ein sehr immersives und in diesem Fall geradezu hypnotisches Musikerporträt. Sicherlich einer der besten Musikfilme des Jahres.

Schließlich startet auch ein hochinteressantes Sci-Fi-Kammerspiel aus Österreich. Mit dem hollywoodesken Set-Design betraut wurde Roland-Emmerich-Zuarbeiter Johannes Mücke, Skript und Inszenierung hat die junge österreichische Regisseurin Leni Lauritsch gefördert bekommen. Im Kern geht es um drei Menschen auf der Titel gebenden Raumstation Rubikon, nachdem unser Planet wegen einer plötzlichen Naturkatastrophe dem Untergang geweiht ist. Quasi angeführt wird das Trio von einer rechtzeitig weggeschickten Konzernsoldatin (Julia Franz Richter), die eigentlich zur Algenzucht gedachte Station wird zum letzten Außenposten für ein paar privilegierte Überlebende auf der Erde und es kommt, was in Endzeitbetrachtungen kommen muss: Einer für alle – bzw. hier: zwei für alle Überlebenden –, oder eben: jede:r für sich selbst. Die Story vermag streckenweise zu fesseln und das Schauspiel ist solide (die Produktion wurde bereits international erfolgreich vermarket), doch das ernüchternd auslaufende Ende kann mit dem scheinbar hohen Production Value schwer mithalten – die US-Rezeption ist übrigens untermittelprächtig. (rs)

Normalerweise würden wir an dieser Stelle auf ein Podcastgespräch verweisen, das wir mit dem bekennenden Sci-Fi-Nerd und Star-Trek-Fan Lauritsch geführt haben, allein: Weil ihr keine Aufwandsentschädigung zugestanden wurde, hat sie die Einladung ausgeschlagen. (Anmerkung: Kein einziger Gast in Golli Marboes mittlerweile 600 Gespräche starker Podcastreihe „365 – Über Medien Reden“ und auch kein Gast des Kombipodcasts mit dem filmfilter hat bislang Geld für seine Teilnahme verlangt.) Ground Control to Leni Lauritsch: bitte zur Vernunft kommen und melden! (rs)

Außerdem: Alle reden übers Wetter, und das zurecht.