Jungsfilme

Neu im Kino KW 4 (DE)

Dhont, Close
Close, 2022, Lukas Dhont

„Close“, „The Son“, „Till“: (Problem-)Filme über Jungen dominieren die Kinostartwoche.

Close ist ein Film über eine Freundschaft, die an den gesellschaftlichen Vorstellungen davon scheitert, was für Jungen „normal“ und was als mindestens mal „seltsam“ gilt. Leo (Eden Dambrine) und Remi (Gustav De Waele) sind engste Freunde, seit Jahren, und verbringen fast ihre gesamte Zeit zusammen. Mit 13 Jahren geht es auf die weiterführende Schule und damit in Richtung Pubertät. Und da wird die Umgebung natürlich misstrauisch. Zwei Jungen, die einander sehr verbunden sind – die können ja nur schwul sein. Leo beugt sich dem sozialen Druck und geht auf Distanz. In der ersten Hälfte erzählt der belgische Regisseur Lukas Dhont in Close sehr genau und anrührend von dieser Freundschaft. Dann aber greift der Film, wie schon Dhonts vorheriger, ebenfalls in Cannes bepreister Film Girl, auf einen unnötig grausamen und etwas stumpfen Plot-Twist zurück. Der macht der bis dahin herrschenden Subtilität des Geschehens ein Ende und geht voll in den Dramamodus. Schade, aber sehenswert ist Close trotzdem.

Auch The Son erzählt eine Jungengeschichte: Nicholas (Zen McGrath), 17, wird auffällig, schwänzt die Schule und hat keine Freunde. Bei dem Knaben geht offensichtlich was schief, und seine Mutter (Laura Dern) bringt ihn zu seinem Vater Peter (Hugh Jackman), der sich kümmern möchte, obwohl er gerade eine zweite Familie gegründet hat. Was zuerst als Teenager-Verstimmung („Hast du schon mal Teenager gesehen, die vor Glück platzen?“) und Liebeskummer wahrgenommen wird, entpuppt sich bald als ausgeprägte Depression, und damit ist The Son nach The Father der nächste Film von Regisseur Florian Zeller, der von, wenn man so will, Erkrankungen des Geistes handelt. In The Father ging es um eine rapide fortschreitende Demenz und damit um den Verlust der Welt, wie der Erkrankte sie kennt, in The Son geht es um Weltschmerz als ernsthafte Erkrankung. Im einen wie im anderen Fall ist der Blick auf die Figuren empathisch, aber niemals rührselig.

Und noch ein Jungenschicksal: 1955 wird der 14-jährige Emmett Till, der seine Tante in Mississippi besucht, beschuldigt, eine Weiße angeflirtet zu haben. Deren Mann und ein Verwandter erschlagen den Jungen und richten ihn auf barbarische Weise zu. Emmetts Mutter entschließt sich, die Leiche ihres Sohnes in einem offenen Sarg aufbahren zu lassen. Das Bild des zerstörten Gesichtes des Kindes geht um die Welt und sorgt in den USA für Aufruhr. Die Ermordung Emmett Tills und sein Begräbnis sind einer der zentralen Momente der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (und haben einen gewissen Muhammad Ali geprägt), es ist also eigentlich verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis die Geschichte zum klassischen Biopic geformt wurde. Till – Kampf um die Wahrheit von Regisseurin Chinonye Chukwu ist eine grundsolide Angelegenheit, affektintensiv inszeniert, aber nie überraschend, politisch engagiert und trotzdem vor allem auf seine Figuren konzentriert.

Von Selbstermächtigung handelt auch Catch The Fair One – Von der Beute zum Raubtier, allerdings im Kleinen und nicht kollektiv. Die ehemals sehr erfolgreiche Boxerin Kaylee (gespielt von Boxweltmeisterin Kali Reis) muss sich in einen Menschenhändlerring einschleusen, um ihre jüngere Schwester zu befreien. Catch The Fair One geht auf der Plot-Ebene ein wenig drunter und drüber, ist aber schön roh und energetisch gefilmt und hat das Herz am rechten Fleck. Hier der Trailer.

Bleiben noch die allwöchentliche deutsche Komödie und der allwöchentliche Kinderfilm. Caveman ist ein sagenhaft erfolgreiches Broadway-Stück, das auch in Deutschland auf verschiedenen Bühnen seit Ewigkeiten läuft. In der deutschen Adaption werden fröhlich und unbedarft gängige Klischees von männlich/weiblich durchgekaut, von den üblichen Verdächtigen (Moritz Bleibtreu, Laura Tonke, Wotan Wilke Möhring).

 

Die drei ??? – Erbe des Drachens ist für alle jungen Fans der Serie eine sichere Bank (die Älteren, die Hörspiele mit einer Mischung aus Nostalgie und Ironie feiern, werden von der Kinoversion hingegen nicht viel haben). Erbe des Drachens versetzt die drei Detektive in die Dreharbeiten zu einem Vampirfilm, was viel Gelegenheit für (kinderfreundliche) Gruselszenen bietet.