FCK2020M3GAN

Neu im Kino KW 2 (DE)

Kablitz-Post, FCK 2020
FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter, 2022, Cordula Kablitz-Post

FCK 2020: Der Sprung von den Niederungen der deutschen Populärkultur zu den Höhen der amerikanischen ist diese Woche ein kleiner. Dazu u.a. zwei bemerkenswerte Filme über mörderische Männergewalt, im Iran und in Deutschland.

Die Kinovorschau beginnt diese Woche mit einem besonders denkwürdigen Dokument deutscher Populärkultur. Cordula Kablitz-Post hat für ihren Film FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter den neben Rammstein global wahrscheinlich bekanntesten deutschen Pop-Act begleitet. Angeführt von Frontmann H.P. Baxxter hampelt das Trio seit über 30 Jahren über die Bühnen und entlässt in scheußlichem Denglisch Denkwürdiges in die Welt („How much is the fish?“, „The Question is What is the Question“). Der Film macht Spaß und zeigt Menschen, die arglos und vollkommen schambefreit wirken. Die Vorgänge sind erstaunlich, man kann nicht wegschauen: Die Musik von Scooter ist atemberaubend dumm und darin so konsequent, dass man sich der Faszination, die von ihr ausgeht, nur schwer entziehen kann. Die Mischung aus Techno-Dorfdisco-Hölle und lyrischer Gnadenlosigkeit („Respect to the man in the icecream van“) wirkt. Das Gute an ihm sei, dass er nichts mehr merke, macht Baxxter gleich am Anfang einem seiner Angestellten ein schönes Kompliment, und dieser Satz ist programmatisch für die Charakterstudie, die FCK 2020 anstellt. Ein Blick in den Abgrund, ohne Frage, aber der Abgrund schaut zurück und grinst schlau. H.P. Baxxter und die übrigen Beteiligten inklusive der Fans wissen, dass hier bombastischer Schrott produziert wird, aber der Schrott lässt sich ironisch abfeiern und ist tatsächlich ein Soundtrack zu einer Utopie im Jetzt (Wodka-Red-Bull und Techno-Tänzchen bis ans Ende aller Tage).

Von den Niederungen der deutschen Populärkultur zu den Höhen der amerikanischen, dem US-Horrorfilm: M3GAN reanimiert das seit dem Versickern der Chucky-Serie – und abgesehen von den zwei Annabelle-Filmen aus dem Conjuring-Universum – etwas eingeschlafene Motiv der unheimlichen Puppe, die ein Eigenleben und außerdem natürlich Mordlust entwickelt. Die Puppe ist hier ein Roboter, M3GAN (Amie Donald), der einem Waisenkind (Violet McGraw) geschenkt wird und bald einen ausgeprägten Beschützerinstinkt an den Tag legt. Heulen und Zähneklappern sind die Folge. Die Idee stammt von James Wan, Regisseur des ersten Conjuring-Films, der auch produziert hat. Hier unsere Kritik zum Film.

Iranisches Kino jenseits von Sozial- und Justizdramen, die vor allem für europäische Filmfestivals gemacht werden: Der in Teheran geborene Regisseur Ali Abbasi (Border) hat mit der dänisch-deutsch-schwedisch-französischen Koproduktion Holy Spider einen Serial-Killer-Film gedreht, der wirklich einmal als Gesellschaftsbild funktioniert. Die Journalistin Rahimi (Sahra Amir Ebrahimi) recherchiert zu einer Serie von Morden an Prostituierten, um festzustellen, dass der Mörder (Mehdi Bajestani) nach seiner Verhaftung für seine Taten gefeiert wird. Ein denkbar finsterer Film, der das Versprechen des True-Crime-Genres, anhand von schlimmsten Gewaltverbrechen etwas Substanzielles über die Welt zu vermitteln, in der diese stattfinden, tatsächlich einlöst. Passiert ja selten genug. Eine filmfilter-Kritik folgt zum Österreich-Kinostart.

Eine ähnliche Verbindung versucht auch Dominik Moll erklärtermaßen in seinem neuen Film In der Nacht des 12., der von der jahrelangen Suche zweier Polizisten nach einem Frauenmörder erzählt. Der Mord als Anlass, um die Geschlechtermatrix in Szene zu setzen und zu hinterfragen: „Die Polizei ist eine Männerwelt, und sie sind mit der Gewalt konfrontiert, die von anderen Männern begangen wird, manchmal und oft gegenüber Frauen“, hat Moll im Interview erklärt. „Aber wie stellt das ihre Männlichkeit in Frage? Das war einer der roten Fäden, den wir im Film entwickeln wollten.“

Ebenfalls von einer Männerwelt, aber von einer freundlicheren, handelt Acht Berge. Die Geschichte zweier Freunde fürs Leben (gespielt von Luca Marinelli und Alessandro Borghi), der eine vom Land, der andere abgehauen in die Stadt, vor einer beeindruckenden Bergkulisse. Das Regie-Duo Charlotte Vandermeersch und Felix Van Groeningen hat bereits The Broken Circle zusammen gedreht. Hier wie dort ist das Ziel die möglichst weitgehende Emotionalisierung des Publikums.

Die Kinovorschau endet heiter, mit der robusten Komödie House Party – Fake It Till You Make It, ein Remake des Black-Cinema-Klassikers House Party von 1990. Der Plot ist im Wesentlichen gleich simpel geblieben – zwei Chaoten feiern eine Riesenparty, die völlig aus dem Ruder läuft. Alles ist jetzt allerdings etwas größer, es ist nicht mehr das Elternhaus, sondern das von Basketball-Star Lebron James, das hier zerlegt wird. Und bekiffte Koalabären gab es in dem 1990er-Film auch noch nicht. Regisseur Calmatic, bislang nur mit Werbe- und Musikclips (u.a. für Kendrick Lamar, Childish Gambino, Pharrell Williams und Jay-Z) in Erscheinung getreten, hat auch schon eine weitere Neuverfilmung geplant: ein Remake von White Men Can’t Jump.