Einfach mal was Schönes

Neu im Kino KW 46 (AT)

Herfurth, Einfach mal was Schönes
Einfach mal was Schönes, 2022, Karoline Herfurth

„Einfach mal was Schönes“: Neben Karoline Herfurths Mutter-Ansage häufen sich im Kino geschlossene Gesellschaften auf wahnsinnsmagnetischen Inseln, nächste Woche Knives Out 2“, schon diese Woche „The Menu“. Dazu eine magische Zauberflöte und eine namens Leonard Cohen. Hallelujah, unser Wochenfilter ist da.

Es beginnt mit Abgründen unter glatter Oberfläche: Ralph Fiennes spielt in der schwarzen Horrorkomödie The Menu einen exzentrischen Starkoch, der auf einer abgelegenen Insel eine Gruppe ausgesuchter Gäste bewirtet und sich nach und nach als faschistoider Extremist entpuppt. Als ästhetischer Extremist, genau genommen, der Kochen als Kunst versteht, der sich die Menschen unterzuordnen haben. Das endet dann natürlich in Heulen und Zähneklappern, und das alles könnte sowohl als Horrorfilm wie auch im Subtext platt geraten sein, wären da nicht der wunderbare Cast (u.a. Ralph Fiennes, Anya Taylor-Joy und Nicholas Hoult) und die erstaunlich stilsichere Regie von Mark Mylod, der bislang vor allem mit Serienproduktionen aufgefallen ist (Shameless, Succession). Unsere Kritik hier.

The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte hingegen löst ein, was das Luxusdinner seinen gelangweilten Gästen nur verspricht: zwei Stunden Eskapismus. Der Gesangsstudent Tim Walker (Jack Wolfe) öffnet in einem österreichischen Internat ein Portal, das direkt in die Welt von Mozarts Zauberflöte führt. Dort wird er zu Prinz Tamino und in die Geschichte um die Befreiung der Prinzessin Pamina (Asha Banks) aus den Klauen Sarastros (Morris Robinson) hineingezogen – immer im steten Wechsel mit der Wirklichkeit. Der Film ist neben vielem anderen auch ein Beleg dafür, dass man im Kino nach wie vor gerne jeden schönen Quatsch glaubt, wenn er nur überzeugend und pompös genug inszeniert ist.

Manche Songs lösen sich von ihren Autor:innen, entwickeln ein Eigenleben und bleiben doch eng mit ihnen verbunden. Leonard Cohens „Hallelujah“ ist so ein Song. Eines dieser ewig gültigen Lieder, die den Eindruck vermitteln, dass etwas Wesentliches (und beim Hören nach dem vierten Bier vielleicht sogar das Wesentliche) gesagt worden ist. Der Dokumentarfilm Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song entfaltet ausgehend von Cohens populärsten Lied ein Portrait des Künstlers – alles im etablierten Musik-Doku-Format und formal nicht aufregend, aber sehr schön anzusehen. Und vor allem anzuhören.

Karoline Herfurth hat sich in den letzten Jahren als eine Art Chronistin der Gegenwart von Mittelschichtsfrauen in Deutschland etabliert. Ihr letzter Film Wunderschön lief erst vor wenigen Monaten in den Kinos und erzählte recht überzeugend von den Schrecken und Belastungen des Schönheitswahns. Einfach mal was Schönes kreist um unkonventionelle Lebensentwürfe und Familienplanungen. Wenn man, wie Karla (Karoline Herfurth), auf die 40 zumarschiert und sich partout nicht der passende Mann für die Familiengründung finden lassen will, muss man sich anders behelfen. Die Mutter und die Geschwister von Karla sind von der Idee einer Mutterschaft ohne Vater allerdings nicht begeistert, und aus dieser Konstellation bastelt Herfurth Einfach mal was Schönes: treffende Kommentare zu Mutterschaft und den gesellschaftlichen Anforderungen an Frauen im Deutschland der Gegenwart.

Die zweite deutsche Komödie, die in dieser Woche startet, erzählt von einem Paar, das das Gröbste bereits hinter sich hat. Alice (Esther Gemsch) und ihr Mann Peter (Stefan Kurt) sind frisch pensioniert und fahren auf Kreuzfahrt. Alices Idee, die Beziehung nach vierzig Jahren Ehe wieder zu beleben, scheitert; Alice tritt bei einem Landgang die Flucht an, dann geht es drunter und drüber. Die goldenen Jahre, geschrieben von Petra Volpe und inszeniert von Barbara Kulcsar, handelt von einer Ehekrise und tut trotzdem niemandem weh.

Der Kinderfilm der Woche läutet recht früh die Festtagskinosaison ein: Ein Weihnachtsfest für Teddy ist ein geradezu berauschend nostalgischer Weihnachtsfilm über einen Bären, der auf Weltreise gehen will. Und eine wehmütige Erinnerung an die Zeit, in der Kinder sich keine Playstation 5, sondern einen Plüschbären zu Weihnachten gewünscht haben. Wertkonservatives norwegisches Kinderkino mit dem Herz am rechten Fleck.