Viele Kämpfer und ein König

Neu im Kino KW 8

Belfast, 2021, Kenneth Branagh

Zwei positive Überraschungen („Belfast“, „King Richard“), eine Albernheit („Studio 666“) und zwei Beispiele freiheitsliebenden Filmschaffens. Ein Überblick von Alexandra Seitz und Roman Scheiber.

Das vormalige Regie- und Schauspielwunder Kenneth Branagh hatte man mittlerweile ja eher als routinierten Großfilm-Fabrikanten verbucht, da geht der her und dreht mit dem Schwarzweiß-Film Belfast ein allseits (z.B. von der NYT) hochgelobtes, autobiografisch grundiertes, politisch reflektiertes Sittenbild des nordirischen Krisenherdes im Jahr 1969 (und schreibt damit Filmgeschichte: Nicht nur ist Belfast für sieben Oscars nominiert, Branagh ist nunmehr der erste in sieben verschiedenen Oscar-Kategorien nominierte Kreative).

Und während man sich widerwillig damit abgefunden hatte, dass Will Smith sein schauspielerisches Talent zumeist in albernen Stöffchen verplempert, geht der her und liefert in Reinaldo Marcus Greens King Richard das wunderbar kontrastreiche Porträt eines kontroversiellen Charakters: Richard Dove Williams Jr., Trainer-Vater der beiden berühmten Tennis-Schwestern Venus und Serena Williams. Belfast und King Richard – zwei Titel, die breiten Publikumsschichten unterhaltsame, erhellende und bewegende Kinoabende garantieren.

Womit wir unseren geübten Blick in die Schmuddelecke mit den Nischenprodukten richten, in der in dieser Woche ein ganz besonders seltsames Exemplar kreucht und fleucht. Normalerweise sollte einem die Genrebezeichnung „Horrorkomödie“ ja Warnung sein und Grund genug für einen sehr weiten Bogen um den solcherart bezeichneten Film. Aber wir machen eine Ausnahme für Studio 666 von BJ McDonnell, der davon handelt, dass eine Rockband names Foo Fighters (gespielt von den, genau, Foo Fighters) ihr Jubiläumsalbum unter jubilarischen Umständen aufnehmen will. Zu diesem Behufe bezieht sie eine leerstehende Villa in Encino, L.A., in der es einen ganz besonders tollen, trockenen Hall gibt. Allerdings treibt in ihr auch der Schutzpatron des Rock’n’Roll höchstselbst sein sinistres Unwesen. Es dauert nicht lange, da wähnt man sich in einem Frühwerk von Peter Jackson und wohlig-schaurige Erinnerungen an die Hoch-Zeit des Splatter-Films werden wach; die Blut-Pumpen arbeiten auf Hochtouren, John Carpenter, der die Titelmusik beigesteuert hat, schaut auf ein Cameo vorbei und auch ansonsten traut man ob der hier dargebotenen, schlimmen Folgen des Headbangens des öfteren seinen Augen nicht. Zwar kann keiner der Foo Fighters wirklich überzeugend schauspielen, aber alle geben ihr Bestes und regelrecht rührend ist dieses Laientheater immer dann, wenn sie mal wieder kreischend vor den Gespenstern davonrennen. Wer am Kino den Schwachsinn liebt, ist in Studio 666 demnach bestens aufgehoben und kann damit zugleich die Wartezeit bis zum nächsten Eintrag ins Kapitel „befremdliches Treiben älterer Herren“ überbrücken: Jackass Forever startet am 10. März.

Nach dieser Albernheit muss noch auf zwei weitere Kinostarts dieser Woche hingewiesen werden, die eine jeweils klare politische Haltung verbindet, nämlich eine identitätsstiftend liberale.

Zum einen kommt der in Cannes mit dem Jurypreis ausgezeichnete Aheds Knie von Nadav Lapid ins Kino, der die ganze Paradoxie einer freiheitsliebenden Filmkunstschaffens-Existenz in Israel vor Augen und Ohren führt und dabei sogar noch zu Herzen geht; zum anderen startet Der Mann, der seine Haut verkaufte, dessen Titel keineswegs irreführend und der als Mischung aus Satire, Liebesdrama und Freiheitsfabel ziemlich ansehnlich ist: Im Film der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania schafft ein sensibler Syrer auf der Flucht es nach Europa, indem er seinen Rücken als Kunstwerk tätowieren und letztlich versteigern lässt – alles nur, um mit seiner großen Liebe vereint zu sein.