Bienenstock

Neu im Kino KW 36 (DE)

Hive, Yllka Gashi
Hive / Zgjoi, 2021, Blerta Basholli

Kosovarische Strahlkraft mit „Hive“, ein spätes Horror-Prequel und „More Fun Stuff“: die gefilterten DE-Kinostarts der Woche.

Von der Filmtradition des Kosovo weiß man im deutschsprachigen Raum wenig bis gar nichts. Umso schöner, dass jetzt mit Hive das Langfilmdebüt der Regisseurin Blerta Basholli in die deutschen Kinos kommt. Hive basiert auf der Lebensgeschichte der Kosovo-Albanerin Fahrije Hoti, und da die davon handelt, wie eine Frau nach dem Tod ihres Mannes selbständig und kraft der eigenen Hände Arbeit überleben muss, wird der Film im Rahmen der Gesellschaft, in der er spielt, sozusagen zwangsläufig zu einer Erzählung über Emanzipation und Gleichberechtigung. Fahrijes Mann wurde 1999 bei einem Massaker von Serben ermordet. Die Witwe (Yllka Gashi) muss ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, mit dem Verkauf von Ajvar. Die soziale Erwartung aber ist, dass sie auf die Rückkehr ihres Mannes wartet. Auf die Frage, wovon und wie man leben soll als alleinerziehende Mutter, hat die Dorfgemeinschaft keine Antwort. Nach und nach schließen sich mehr Frauen Fahrije an, auch gegen die Widerstände der Männer des Dorfes. Hive erzählt davon, wie notgedrungene Emanzipation um sich greift und die Dinge verändert. Auf dem Sundance-Festival räumte Bashollis Film alle Preise ab, inzwischen steht er als kosovarischer Beitrag auf der Shortlist für die Oscar-Preisverleihung.

Dagegen wirkt Cédric Klapischs Film Das Leben ist ein Tanz im direkten Vergleich wie ein massive Anballung von First-World-Problemen. Die Ballett-Tänzerin Elise (gespielt von der Ballerina Marion Barbeau) verletzt sich auf der Bühne. Es folgen zwei Jahre Selbstfindungsprozess, der im Wesentlichen geprägt ist von der erzählerischen Idee, dass die Menschen einander wohlgesonnen sind und gemeinsam hoffen und für ihr Glück kämpfen. Ein idealer, komplett widerstandbefreiter Film, in dem, von der Knöchelverletzung zu Beginn einmal abgesehen, nichts wehtun soll.

Zur Erholung kann man sich dann zum Beispiel Orphan: First Kill anschauen. Das späte Prequel zu dem 2009 erschienenen Orphan, der für einen Hochglanzhorrorfilm recht grimmig ausfiel, fackelt nicht lange und orgelt routiniert auf der Family-Horror-Klaviatur herum. Leena (Isabelle Fuhrmann) sieht aus wie zehn, ist aber tatsächlich schon über dreißig Jahre alt. Sie flieht aus einer geschlossenen Anstalt in Estland und gibt sich in den USA als die Tochter eines Ehepaares aus, dessen eigenes Kind Jahre zuvor verschwunden ist. Die ersten Leichen lassen nicht lange auf sich warten. Wenn man diese etwas hanebüchene Plotprämisse einmal hingenommen hat, kann man sich über eine gute Stunde Kinderterror freuen, mit vielen souverän inszenierten Standardsituationen. Orphan 2 erfindet nichts neu, hat aber Spaß mit seiner psychotischen Figur.

Ungleich rüder verfährt The Retaliators, der eine groteske Rachegeschichte mit in der Endkurve gleichfalls grotesken Splatter-Exzessen zusammenwirft. Dazu gibt es noch Gastauftritte von den Mitgliedern einiger Metal-Bands wie Five Finger Death Punch oder Papa Roach (einige Szenen des Films waren bereits, auch ein Marketing-Konzept, in Musikclips zu sehen). Der Plot ist bei dem lustig-gewaltverliebten Chaos eigentlich weitgehend egal, aber trotzdem: Ein Priester bekommt die Möglichkeit, sich am Mörder seiner Tochter zu rächen, hat dann aber bald dessen irren Bruder an den Hacken. Wenn man weiß, was man von einem Film wie The Retaliators erwarten kann, muss man sich nicht ärgern.

Das dann auch noch: Spider-Man: No Way Home, der letzte und tatsächlich überraschend gelungene Spider-Man-Film, kommt noch einmal in einer More Fun Stuff Version in die Kinos, und dauert jetzt 157 Minuten. Was auch nur neun Minuten mehr sind als die erste Kinoversion, aber egal, der Film wird sein Publikum finden, da muss man sich keine Sorgen machen.

Und zum Schluss der Kinder-, naja, eigentlich Jugendfilm. In Alle für Ella will die Titelheldin (Lina Marissa Strahl) mit ihrer Band mit dem sehr guten Namen Virginia Woolfpack einen Song-Wettbewerb gewinnen. Es passiert das Erwartbare, was in so einem Coming-of-Age-Setting halt passieren muss: Ärger mit der Liebe, Konflikte mit den Freundinnen, Stress an der Schule. Das alles flott und hektisch geschnitten wegerzählt (hier der Trailer). Außerdem spielt Milan Peschel einen Musiklehrer mit dem ebenfalls sehr guten Namen Herr Böblinger-Moll.