Sauergurkensensation

Eberhofer-Krimi-Adaption, die achte: „Guglhupfgeschwader“ von Ed Herzog

rita falks guglhupfgeschwader
Guglhupfgeschwader, 2022, Ed Herzog

Rita Falks Eberhofer-Krimi-Reihe erlebt ihren vorläufigen Höhepunkt mit „Guglhupfgeschwader“. Kottan lässt wieder einmal grüßen – im Kino.

Eine neue Runde im Franz-Eberhofer-Kreisel von Niederkaltenkirchen. Und wieder einmal brennen allerlei Hüte. Das heißt, erstmal brennt der Lotto-Laden vom Lotto-Otto mitsamt dessen umfangreicher Mama nieder, weil jemand einen Molotow-Cocktail in ihn hinein wirft, mitten in der Nacht. Weil dem Lotto-Otto nun aber zuvor bereits ein Glied des kleinen Fingers gefehlt hat und der Eberhofer Franz höchstpersönlicher Augenzeuge war, wie auf den Laden geschossen wurde – noch dazu „mit der Oma drin!“, die gerade ein paar Lottoscheine aufgeben wollte, um mit dem erhofften Gewinn eine Leopold-verursachte familiäre Finanzkrise zu beheben (siehe hierzu das Ende von Kaiserschmarrndrama); aus all diesen Gründen also kombiniert der Dorfsheriff mit dem gemächlichen Gemüt messerscharf: Mafia! Sogleich nimmt er den Lotto-Otto – dessen Genealogie im Fortgang noch für allerhand Kopfzerbrechen sowie Debatten sorgen wird – in Zeugenschutz bzw. bringt er ihn zum schaumgebremst erfreuten Birkenberger Rudi, der gerade im Begriff steht, das Dreamteam zum Dreamtrio zu erweitern, er hat nämlich neuerdings eine Freundin.

Und das Publikum denkt sich: Mafia? Das ist jetzt aber vielleicht doch etwas arg weit hergeholt! Was soll denn die Mafia in diesem unspektakulären niederbayrischen Nest verloren haben? Überhaupt ist das doch eigentlich auch gar nicht die Eberhofer’sche Art, sozusagen selber tätig zu werden und aktiv auf einen Kriminalfall zuzugehen, dem sich ausweichen oder der sich ignorieren ließe. Was ist denn da los? Wird sich die Truppe – die 2013 im Zuge des Dampfnudelblues zueinander fand und längst blind aufeinander eingespielt ist – womöglich gar untreu und opfert hemdsärmelige Schauspielerei, aus dem Handgelenk servierte Pointen und im Vorübergehen fallengelassene Kracher-Witze auf dem Altar der dramaturgischen Effizienz?

guglhupfgeschwader, ed herzog
Sebastian Bezzel, Simon Schwarz

Zur gewiss allgemeinen Erleichterung kann hier Entwarnung gegeben werden und eine entspannte Haltung wieder eingenommen. Außerdem: Wenn man eins gelernt hat im Zuge der Verfilmungen von Rita Falks Eberhofer-Krimis durch Ed Herzog, deren achte mit Guglhupfgeschwader nunmehr vorliegt, dann, dass es nirgends so finster ist und zugeht wie in der Provinz, der bayrischen zumal und jener an der Grenze zu Tschechien erst recht. Weiterhin: Bekanntlich geht Mafia nicht ohne Korruption und ebenso bekanntlich stinkt der Fisch gern vom Kopfe her; und obzwar es sich bei den Bayern nicht um Fischköpfe handelt, so sind sie doch für ihre Spezlwirtschaft noch weit jenseits des Weißwurschtäquators so berühmt wie berüchtigt. Das hat also alles seine Richtigkeit.

Wie im übrigen auch die je nach Standpunkt sagenhaft lässige oder wohltuend schleißige Art und Weise, in der die Handlung nunmehr ihren Fortgang nimmt. Während familiäre und freundschaftliche Verwicklungen nach Kräften dazu beitragen, dass sich bald schon fast keiner mehr auskennt – insbesondere die Frage, wer mit welchem Lottoschein wieviele Millionen gewonnen hat, sorgt für Erheiterung, gibt sie doch dem Flötzinger Gelegenheit zu einer Rap-Einlage in XXL und dem Leopold zu einem weiteren melodramatisch-bewegenden Großauftritt –, zeitigen die in Grenzgebieten üblichen Verführungen zur Lasterhaftigkeit – Rotlicht! Glücksspiel! (Drogen!) – mehr als nur die Wirkung jenes schädelsprengenden Riesenkaters, der selbstverständlich auch diesmal wieder mit an Bord ist.

Dass der metaphorische Saustall im Kontext von Guglhupfgeschwader ein anderer werden muss, versteht sich, dass dann aber der konkrete Saustall des Eberhoferhofes die passende Kulisse für einen geradezu westernmäßigen Showdown liefert, der das Publikum aus den Sesseln schießt, zeugt von jenem schalkhaften Vergnügen an Schabernack und Bubenstreich, das die Serie insgesamt auszeichnet.

Demnach lässt sich einmal mehr hocherfreut abschließend feststellen: Die Eberhofer-Krimi-Verfilmungen bleiben weiterhin fest verwurzelt in der Tradition der größten aller Nonsens-Polizeiserien (genau! Kottan ermittelt) und dem Primat des abstrusen Einfalls und der seltsamen Idee verpflichtet. Sie bilden die Kehrseite respektive das Hinterteil des Kriminalfilms deutscher Provenienz; hier können sich die in diesem Genre beschäftigten Fachkräfte von ihrer (vorwiegend im Fernsehen stattfindenden) ernsthaften kriminalistischen Tätigkeit erholen. Vulgo: die Sau rauslassen.

 

Guglhupfgeschwader
Deutschland 2022, Regie Ed Herzog
Mit Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Daniel Christensen
Laufzeit 97 Minuten