Leichtes schweres Erbe

Wie der Vater, so der Sohn, nur anders: „Ghostbusters Legacy“ – gegen moderates Entgelt bei diversen Streamern

Ghostbusters: Afterlife, 2021, Jason Reitman

Jason Reitman, Sohn des „Ghostbusters“-Original-Regisseurs Ivan Reitman, glückt die Neuauflage des Eighties-Crowdpleasers trotz oder wegen der offenkundigen Erblast. 

Die frühen Filmerfahrungen sind dann doch die eindrücklichsten. Die beiden ersten Ghostbusters-Filme haben sich bei mir, Jahrgang 1980, tief eingebrannt. Zwei Szenen hab ich nie vergessen: die, in der der Höllenhund Rick Moranis durch den Central Park jagt (an die Alpträume danach erinnere ich mich nicht mehr); und die im zweiten Teil, in dem der fiese alte Sack aus dem Gemälde rauskommt. Man sollte diese Momente und Erfahrungen, vielleicht, da lassen, wo sie sind. Beim Wiedersehen zerbröselt der Zauber manchmal dann doch sehr schnell. Was nicht heißt, dass man die Filme inzwischen, weil mehr oder weniger erwachsen geworden, schlecht findet. Aber es fallen einem doch andere Dinge auf, und die überschreiben gleichsam die Erfahrung von einst (nicht zuletzt ist in dem Fall dann doch unübersehbar, dass der erste Ghostbusters sich gut gehalten hat, während der zweite wohl schon damals eine ziemliche Gurke war – was einen Zehnjährigen natürlich nicht kümmern musste).

Ghostbusters, 1984, Ivan Reitman

Die Vorfreude auf den ersten wirklichen Reanimationsversuch des Franchise war dann jedenfalls groß (das, was Paul Feig 2016 gemacht hat, wir bedenken es mit Schweigen). Und Ghostbusters Legacy schlägt ein großes, schweres Erbe mit sich rum. Eine überkritische Nerd-Fanbase im Nacken, dazu noch die seit der Netflix-Serie Stranger Things nicht abebbende 80s-Nostalgie-Welle, in deren Zugzwang das Ganze schnell zu einem polierten Langweiler hätte werden können. „Erbe“ ist hier nahezu buchstäblich zu verstehen: Regisseur des Films ist Jason Reitman, der Sohn des Ghostbusters-Regisseur Ivan Reitman. Wie geht man mit so einer Last um, gerade, wenn etwas Unbeschwertes entstehen soll? Die Idee liegt nahe und sie funktioniert soweit gut: Reitman, also der Sohn, führt einfach fort, was er in seinen eigenen Filmen (zum Beispiel in Juno, Up in the Air und Young Adult) in den vergangenen fünfzehn Jahren kultiviert hat und verbindet Komödie mit ernsten Tönen.

Ghostbusters Legacy, 2021, Jason Reitman

Hier bekommen die Figuren ein Familiendrama mit auf den Weg. Es beginnt mit einer Privatinsolvenz (Ghostbusters-Urgestein Dan Akroyd verweist in seinem Auftritt dann auch auf Rezession und Wirtschaftskrise), und die alleinerziehende Mutter Callie (Carrie Coon) muss mit Sohn und Tochter (Finn Wolfhard und Mckenna Grace) in das verfallene Geisterhaus ihres verstorbenen Vaters ziehen, der in dem staubigen Farmer-Kaff, in dem die Familie nun rezessionsbedingt leben muss, unter Verrücktheitsverdacht stand. Bald tauchen die ersten übernatürlichen Erscheinungen auf, und die Enkel finden zur allseitigen Freude Positronen-Kollidierer und das Ghostbusters-Mobil. Der Rest erzählt sich dann schon wie von selbst, macht Spaß und ist so gebaut, dass ausnahmslos alle Altersstufen ab acht Jahren aufwärts adressiert werden.

Paul Rudd trägt als Lehrer, der seinen Schüler:innen im Unterricht Cujo und Chucky die Mörderpuppe vorführt, den anarchischen Geist von einst weiter, auch wenn Ghostbusters Legacy wesentlich glatter wirkt als das im Rückblick überraschend wüste Original. Allerdings will er dann gerade im letzten Drittel doch etwas viel auf einmal: Drama, Comedy, Action, Zitatkino. Man kann den Film für den Versuch hassen, es allen recht zu machen, weil er damit dem Original zumindest in dieser Hinsicht nicht gerecht wird; dem nämlich waren Produzenten- und Publikumserwartungen spürbar wurscht, und es war trotzdem der reinste Crowdpleaser. Man kann ihn aber auch dafür mögen, dass er die Ghostbusters-Mythologie derart ernst nimmt, versucht ihr gerecht zu werden und das Franchise so mit Würde in die Gegenwart hinüberrettet. Der Versuch ist geglückt.

 

Ghostbusters Afterlife
USA 2021, Regie Jason Reitman
Mit
Carrie Coon, Paul Rudd, Finn Wolfhard, Mckenna Grace, Bill Murray, Dan Akroyd
Laufzeit 124 Minuten