Wenn der Wind weht (1986)

Absolut nicht kindgerechter Kinderfilm: „When the Wind Blows“ – auf Disc oder im Stream

senior couple, when the wind blows
When the Wind Blows, 1986, Jimmy T. Murakami

Die unendliche Geschichte, Watership Down, Bambi – die Zahl der Kinderfilme, die ihr junges Publikum im Handumdrehen und dauerhaft traumatisieren, ist gar nicht mal so klein. Wenn der Wind weht reiht sich in diese Tradition mit Nachdruck ein. Jimmy T. Murakamis Verfilmung von Raymond Briggs‘ Buch „When the Wind Blows“ erschien zuerst 1986 und war in Deutschland aus mir unerklärlichen Gründen ab sechs Jahren freigegeben. Ein absolut niederschmetternder Film, der in naiven Bildern eine ganz beiläufige Grausamkeit entfaltet, die aber nie zur Grausamkeit des Films wird, sondern erkennbar die der Welt ist, die er zeigt.

Ein etwas tapsiges, aber grundgutes Seniorenpaar, Jim und Hilda, bereitet sich im Eigenheim in der englischen Provinz auf den atomaren Erstschlag vor. Der kommt dann auch, und es wird still in der Welt. Mit einer Mischung aus Staatsgläubigkeit und Urvertrauen befolgt man die Anweisungen des britischen Protect-and-Survive-Programms: Zentral ist der Bau eines offenen Holzverschlags im eigenen Wohnzimmer, um sich gegen die atomare Strahlung zu schützen. Es kommt, wie es kommen muss, und Wenn der Wind weht hält mit stoischer Härte daran fest, die beiden Menschen, deren Verfall und Sterben hier in absolut nicht kindgerechter Weise dargestellt wird, als ungebrochen optimistisch zu zeigen. Erst am Ende scheint der Glaube, dass das alles schon irgendwie gut ausgehen wird, beim kontinuierlich eifrigen Mann zu schwinden. Zu dem Zeitpunkt hängen Zuschauer:innen allen Alters aber schon heulend in den Seilen.

Die Figuren sind auf den ersten Blick grob und auch ästhetisch naiv gezeichnet, so naiv, wie sie eben auch sind. Wenn man genauer hinschaut, zeigt sich der Nuancenreichtum dieser Animationsästhetik (hier übrigens eine ganz andere). Naiv sind die Sterbenden hier auch nur insofern, als sie das Unfassbare nicht erfassen und integrieren können. Wenn der Wind weht vermittelt einem das Gefühl, dass man selbst in dieser Hinsicht nicht wesentlich anders gebaut ist.

(Auf Disc bei Turbine Medien bzw. im Stream bei Apple TV+)

 

When the Wind Blows / Wenn der Wind weht
Großbritannien 1986, Regie Jimmy T. Murakami
Mit John Mills, Peggy Ashcroft
Laufzeit 84 Minuten