Trouble Every Day (2001)

Mit diesem Film war Claire Denis einfach nur zu früh dran – jetzt auf Disc.

Denis, Trouble Every Day
Trouble Every Day, 2001, Claire Denis

Das mit der Vampir-Erotik ist ja so eine Sache; denkt man an Christopher Lee als Graf Dracula oder an Murnaus Nosferatu und daran, wie dieselben sich über hingestreckte Frauenkörper beugen, um ihre scharfen Zähne in eine mehr oder weniger willentlich dargebotene Halsschlagader zu bohren, dann rieseln einem eher kalt-prickelnde Schauer über den Rücken, als dass sich der Kehle ein entsetzter Schmerzensschrei entränge. Der ließe sich nun allerdings getrost angesichts Claire Denis‘ Trouble Every Day ausstoßen. Denn hier wird die Sache mit der Blutsauferei beim kannibalischen Wort genommen und weicht die Lust recht rasch der Last. Jener nämlich, die die Aberration für die Befallenen bedeutet, ebenso wie für deren Umfeld, um einmal ganz zu schweigen von den Opfern, denen jeweils noch Zeit genug bleibt, um zu realisieren, dass sie sich auf die völlig Falschen eingelassen haben und dieses sexuelle Abenteuer ihr letztes sein wird.

Die Atmosphäre von Trouble Every Day ist bestimmt vom sanft-ruppigen Soundtrack der Tindersticks sowie der intim-flüchtigen Bildgestaltung von Kamerafrau Agnès Godard. Die Handlung bleibt Skizze: Shane und June verbringen ihre Flitterwochen in Paris; zugleich sucht Shane, der seltsame biologische Forschungen betreibt, seine vormaligen Kollegen Léo und dessen Frau Coré; von Coré heißt es, sie sei schwer krank, und auch Shane sieht sich von befremdlichen Gelüsten geplagt.

Wer wann mit wem welche Experimente durchgeführt haben mag und ob überhaupt, ist angesichts der durchweg grausigen Resultate weniger wichtig als die Haltung gegenüber den Monstren, die nun unter uns sind. Denis betrachtet sie und ihr drastisches Treiben mit einer Zärtlichkeit, die das Publikum herausfordert. Nicht zuletzt deswegen wird ihr bei der Uraufführung 2001 in Cannes kontrovers aufgenommenes Werk mittlerweile als Vorreiter jenes transgressiven, weiblichen Körperkinos gewertet, mit dem Julia Ducournau (Raw, Titane – hier unsere Kritik) derzeit für nicht eben wenig Aufsehen sorgt.

Auf Blu-ray, DVD oder VoD erschienen bei rapid eye movies