Eine Liebesgeschichte zwischen Regalstaplern in einem Supermarkt in einem deutschen Kaff klingt nicht gerade nach der schillerndsten Geschichte. Und doch gelingt es Regisseur Thomas Stuber mit Hilfe berührender Darbietungen und einem guten Blick für die virtuosen Bewegungen eines Gabelstaplers, Poesie im Großhandel an einer ostdeutschen Autobahn zu finden. Würde nicht gerade dessen neue Tragikomödie Fallende Blätter im Kino laufen (unsere Besprechung hier), könnte man In den Gängen für einen Film des finnischen Maestro Aki Kaurismäki halten, diesem Freund der Underdogs.
Der Leipziger Regisseur Stuber und sein Kameramann Peter Matjasko beginnen das Drama mit einer außergewöhnlichen Einführung in den leeren Laden bei Nacht, begleitet von „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss. Die Tänzer in diesem besonderen Walzer sind die durch die Gänge gleitenden Gabelstapler, die, wie wir später erfahren, ein erhabenes Meergeräusch erzeugen, wenn sie langsam aus- und eingefahren werden.
Die einsamen, lakonischen Arbeiterherzen im Kern der Geschichte gehören Sandra Hüller und Franz Rogowski. Er schuftet bei den Getränkekisten, sie bei den Süßwaren. Die Handlung spielt sich eben „in den Gängen“ ab, irgendwo zwischen Tiefkühltruhen und Gummibärchen. Die beiden flirten am Kaffeeautomaten und schießen einander Blicke durch Regale zu. Es geht hier um die kleinen Gesten im Alltag vermeintlich kleiner Leute, die alles andere als schlicht sind. Rogowski, der gerade als Fassbinder-Verschnitt in Passages im Kino zu sehen ist, kann diese Art von charmantem, wortkargen Eigenbrötler natürlich im Schlaf spielen. Hüllers Marion suggeriert mit nur wenigen Blicken und einem Lächeln um ihre Mundwinkel, was sie alles gerne tun würde, wäre sie nicht verheiratet.
Bereits zum dritten Mal verfilmt Stuber eine Vorlage von Co-Drehbuchautor Clemens Meyer (Von Hunden und Pferden, Herbert), und sie finden echte Menschlichkeit und auch Schönheit in der fast schon banalen Stimmung ihrer Figuren. Humanistisches Filmemachen vom Feinsten.
Der Film ist verfügbar auf arte.tv
In den Gängen
Deutschland 2018, Regie Thomas Stuber
Mit Franz Rogowski, Sandra Hüller, Peter Kurth
Laufzeit 120 Minuten
