„The Last of Us“ (bei Sky) erfindet mit seiner Pilz-Apokalypse das Genre nicht neu, läutet aber hoffentlich das Ende schlechter Videospieladaptionen ein.
Nichts stirbt jemals wirklich. Das betrifft das Fernsehen genauso wie das Zombie-Genre. The Walking Dead war im vergangenen Jahr nach elf langen Staffeln zu Ende gegangen, nur um eine unüberschaubare Brut von Spin-offs hervorzubringen. Daher war das letzte, worauf ich mich gefreut hätte, die neue Serienadaption eines Kult-Videospiels über die Folgen einer Viruspandemie. Allerdings entpuppt sich The Last of Us trotz mancher dystopischer Klischees als bislang vielleicht beste Videospieladaption. Dank wirtschaftlichen und kreativen Kalküls der Streaming-Konkurrenz ist das, was als Kinofilm vielleicht gefloppt wäre, nun im Fernsehen machbar geworden.
Von Kinderspieladaptionen wie Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu einmal abgesehen, war es eine gängige Branchenweisheit: Auf Filmen, die auf Videospielen basieren, lastet ein Fluch. Vom katastrophalen Super Mario Bros.-Film, der einen Trend in den Neunzigern in Gang setzte, bis hin zum schrecklichen Versuch, Warcraft auf die Leinwand zu bringen (2016). Mit der neuen HBO-Serie The Last of Us, die mehr als 100 Millionen US-Dollar gekostet haben soll, scheint der Fluch gebrochen. „Endlich die perfekte TV-Videospieladaption“, schrieb der Guardian. Eine fast perfekte Kritiker-Bewertung von 99 Prozent erhielt die Serie auch bei Rotten Tomatoes.
Es ist nicht so, dass The Last of Us das Genre neu erfindet. Wir haben das alles schon gesehen. Salopp gesagt, fühlt die Serie sich an wie eine im Labor hergestellte Kreuzung von George A. Romeros Night of the Living Dead, John Hillcoats The Road und No Country for Old Men der Coen Brüder (beides Literaturvorlagen von Cormac McCarthy), Alfonso Cuaróns Romanadaption Children of Men und nicht zuletzt Clint Eastwoods Unforgiven, weil es die Spieler in die moralisch zweifelhaften Handlungen der Hauptfigur hineinzieht.
Auch diejenigen, die noch nie mit einer PlayStation gespielt haben, werden keine Probleme haben, in diese Welt einzutauchen. Nicht nur, weil wir aus unserer realen Pandemie langsam erst wieder auftauchen, sondern weil sich die Spielfiguren wie echte Menschen anfühlen. Im Grunde geht es um das Überleben und die Liebe zwischen zwei ungleichen Gefährten, die im jeweils anderen etwas finden, das sie verloren haben.
Der chilenisch-amerikanische Schauspieler Pedro Pascal, der für gewöhnlich einen Helm trägt und ein grünes Mündel durch die schäbigeren Gegenden der Star Wars-Galaxie schleppen muss, spielt den stoischen Joel. Er wird damit beauftragt, ein rotzfreches Mädchen namens Ellie (Bella Ramsey aus Catherine Called Birdy) durch die amerikanische Postapokalypse zu eskortieren, die – wie im Spiel – von Gustavo Santaolallas Gitarrenklängen untermalt wird. Ein Pilz hat die Menschen in knurrende Zombies verwandelt, aus deren Augen, Ohren und Mündern Pilze wachsen. Das Mädchen ist vielleicht der Schlüssel zur Heilung.
Kreiert wurde die Serie von Neil Druckmann, dem Architekten des Spiels, und Craig Mazin, dem Schöpfer der großartigen HBO-Miniserie Chernobyl. The Last of Us betritt natürlich vertrautes Terrain mit Tropen, die man aus Sci-Fi-Filmen wie I Am Legend und 28 Days Later kennt. Wir sehen von wilder Vegetation überwucherte, verlassene Wolkenkratzer, es herrscht eine faschistische Militärregierung, es gibt widerstandsfähige Rebellen, Kulte, Kannibalen, und exzentrische Überlebenskünstler. Wie sollte es anders sein angesichts der schieren Explosion von Endzeit-Serien in der Fernsehlandschaft, allen voran The Walking Dead, die in ihrer Blütezeit brillant menschliche Schwächen zerlegte.
Neben ausreichend bemessenen Actionszenen hat The Last of Us eine Intimität und eine melancholische Schönheit, die sie zu etwas Besonderem macht. Die dritte Folge zum Beispiel, die von einem schwulen Pärchen handelt, ist ein wahres Kleinod. Eine von neun Folgen inszenierte die bosnische Regisseurin Jasmila Žbanić, die fantastische Filmemacherin hinter dem preisgekrönten Drama Quo Vadis, Aida?
Die Schöpfer zielen auf humanistischen Zombie-Horror ab. Die eher selten erscheinenden Infizierten gehören zu den gruseligsten und schönsten des Genres, von zuckenden „Clickers“ mit aufgeplatzten, blumigen Pilzköpfen bis zu Pilzriesen, die genauso gut aus der Monster-Schmiede von Meister Guillermo del Toro stammen könnten. The Last of Us ist eine interessante Mutation, deren Erfolg viele neue Videospieladaptionen hervorbringen wird.
Für all jene, die mit einer weiteren TV-Apokalypse nichts anfangen können, hat Disney+ The Menu ins Programm genommen (hier unsere ausführliche Besprechung): eine pechschwarze, kulinarische Satire für Feinschmecker, die nicht selten an Luis Buñuels Gesellschaftssatire Der Würgeengel (El ángel exterminador, 1962) erinnert – von dieser wurde Regisseur Mark Mylod nämlich inspiriert. Der Würgeengel ist flat auf Prime Video verfügbar.