Oldboy (2003)

Mit dieser drastischen Rachephantasie erschien Park Chan-wook auf der Bildfläche des globalen Kinos – jetzt auf Mubi.  

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Oldboy, 2003, Park Chan-wook

Oldboy von Park Chan-wook: Dass unser Held, der zu Beginn betrunken in einer Polizeistation herumrandaliert, ein angenehmer Zeitgenosse ist, lässt sich nicht gerade behaupten. Aber hat Oh Dae-su es deswegen verdient, 15 Jahre lang in einem ranzigen Zimmer mit Fenstertapete, Fernseher und gruseligem Jesus-Bild eingesperrt zu werden? So sehr Oh auch bettelt und brüllt, er erfährt nicht, warum man ihn festhält. Vielleicht war es nur eine unbedachte Handlung, die einen nicht wieder gut zu machenden Schaden angerichtet und einen Rächer auf den Plan gerufen hat? – Rache! Das Bedürfnis danach treibt auch den endlich freigelassenen Oh an. Und sein Peiniger, Lee Woo-jin, ist tatsächlich bald gefunden; er bietet seinen Selbstmord an, sollte Oh innerhalb von fünf Tagen den Grund für die Bestrafung herausfinden. Eine Art Spiel beginnt, dessen Grausamkeit unmissverständlich klar macht, dass es keine Gewinner geben wird.

Es ist weniger die teils recht drastische Gewalt, mit der einem Oldboy unangenehm nahe kommt. Es ist vielmehr die Tatsache, dass keiner der Handelnden als von Grund auf böser oder krimineller Charakter entworfen ist. Die Umstände waren es, ein grausamer Zufall, das Schicksal hat zugeschlagen, der berühmte Stein brachte die berüchtigte Lawine ins Rollen. Nun finden sich die Figuren unvorbereitet in Situationen wieder, in denen Hass und Rache, Mord und Totschlag zu rettenden Mitteln ihrer ansonsten verlorenen Existenz werden.

Man kann Oldboy als mustergültigen Vertreter des koreanischen Genrekinos rezipieren, das in seinen härteren Ausformungen hemmungslose Brutalität mit einem ebenso hemmungslosen Stilwillen verbindet – außerordentlich schön anzusehen, allerdings eben mitunter nur durch die Finger. Man kann ihn aber auch als schonungslose Abrechnung mit der verharmlosenden Leichtfertigkeit begreifen, mit der das Motiv „Rache“ im Genrefilm gemeinhin eingesetzt wird. Und versteht dann vielleicht besser, warum man sich am Ende, wenn doch alle bekommen haben, was sie wollten respektive „verdient“ haben, immer noch so unbehaglich, um nicht zu sagen elend fühlt.

2004 beim Festival in Cannes wurde Oldboy mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet; er markiert Parks internationalen Durchbruch und bildet, flankiert von Sympathy for Mr. Vengeance (2002) und Lady Vengeance (2005), den Mittelteil der so genannten „Rache-Trilogie“.

Flat auf Mubi, gegen geringes Entgelt auf Prime Video, Sky oder AppleTV

 

Oldboy
Südkorea 2003, Regie Park Chan-wook
Mit Choi Min-sik, Yoo Ji-tae, Kang Hye-jeong
Laufzeit 120 Minuten