Krieg und Frieden (1967)

Sergei Bondartschuks exzessive Tolstoi-Adaption auf DVD

„Der Krieg errichtet eine Ordnung, zu der niemand Abstand wahren kann. So gibt es nichts Äußeres“, schreibt Emmanuel Levinas. Wenn das stimmt, dann muss ein Kriegsfilm zeigen, wie im Krieg alles Teil des Krieges wird. Sergei Bondartschuks in den Jahren 1965 bis 1967 gedrehte Verfilmung der 1.500 Seiten von Tolstois Krieg und Frieden fährt alles auf, um eine Gesellschaft in der Totalität des Krieges zu zeigen. Tausende Statisten, prachtvollste Kulissen, wilde Kamerafahrten. Und wenn man nach zwei Stunden meint, der Film käme jetzt vielleicht an sein Ende, geht es erst richtig los und noch fünf Stunden weiter.

Die exzessive Dauer ist hier nötig für ein künstlerisches Projekt, das den Krieg im Sinne von Levinas als Totalität zeigen will – und, je länger er dauert, doch immer wieder darauf insistiert, dass es auch im Schlimmsten noch etwas anderes gibt. Ein Antikriegsfilm ist Krieg und Frieden trotzdem nicht, sondern einer, der eben auch – am Beispiel der Napoleonischen Kriege – die Größe des russischen Volkes (und damit Mitte der Sechziger eben die Größe und Tapferkeit der Sowjetunion) filmisch zu belegen sucht. Der Drang des ganzen Unternehmens zum Gigantomanischen ist faszinierend. Die Schlachtszenen sind so gefilmt, dass das Entsetzen über die Gewalt und die Faszination am erhabenen Spektakel gleichermaßen enthalten sind.

Nicht gigantomanisch, aber sehr opulent ist die DVD/BD-Edition des Films ausgefallen, erschienen in der Drop-Out-Reihe bei Bildstörung. Die DEFA-Synchronisation ist hier in restaurierter Form enthalten, dazu kommen Dokumentarfilme zu den Dreharbeiten und über Bondartschuk. „Ein einzigartiges Meisterstück des Filmemachens, das es so nie wieder geben wird“, schrieb die New York Times.

 

Krieg und Frieden
Sowjetunion 1967, Regie Sergei Bondartschuk
Mit Ljudmila Saweljewa, Wjatscheslaw Tichonow, Sergei Bondartschuk
Laufzeit 422 Minuten