Betrüblicherweise fällt dem Science-Fiction-Genre im Großen und Ganzen zurzeit nicht mehr viel anderes ein, als Zukünfte und Paralleluniversen schlicht als hochgerüstete Versionen der Gegenwart zu denken. Noch mehr Waffen, noch mehr Technik. Von der sowjetischen Sci-Fi-Groteske Kin-dza-dza! kann man sich daran erinnern lassen, dass in diesem einst ideenprallen Genre (und auch heute ja noch hin und wieder) die interessantesten Metaphern und Allegorien zu finden waren. Und sehr lustig ist das alles in diesem Film dann auch.
Zwei Sowjetbürger (Stanislaw Ljubschin und Lewan Gabriadse) werden versehentlich in die Galaxis Kin-dza-dza, auf den Wüstenplaneten Plük gebeamt. Auf ihren Reisen durch die karge Landschaft lernen sie das örtliche Kastensystem kennen, dessen Bewohner über ein sehr reduziertes Vokabular verfügen (von dem einige Begriffe in die russische Alltagssprache Eingang gefunden haben), aber Gedanken lesen können. Mit stoischem Gleichmut, der auf jahrelanges Training bei der Erfahrung von staatlicher Willkür hindeutet, versuchen die beiden Helden, sich in der fremden und seltsamen Welt zurechtzufinden.
Worum sich hier alles dreht – gesellschaftliche Hierarchien, Rohstoffknappheit, Probleme bei der Versorgung –, lässt sich ohne Weiteres als Bild für die Sowjetunion in der Zeit nach Stalin lesen (und wenige Jahre zuvor wäre der 1986, also im ersten Jahr der Perestroika erschienene Film in dieser Form wahrscheinlich nicht möglich gewesen). Regisseur Georgi Danelija aber hat das Geschehen in Kin-dza-dza! semantisch so offen gestaltet, dass man das alles im Prinzip als Bild für jede hierarchisch strukturierte Gesellschaft nehmen kann. So ist dieser Film, bei aller an die Bücher von Douglas Adams erinnernden Komik, auch eine schöne Vorführung des semantischen Reichtums des Genres selbst, das in den letzten Jahren in dieser Hinsicht etwas zu verkümmern drohte.
(Exklusiv bei Bildstörung auf Disc, mit umfangreichem Bonusmaterial)
Kin-dza-dza!
Sowjetunion 1986, Regie Georgi Danelija
Mit Stanislaw Ljubschin, Jewgeni Leonow, Juri Jakowlew, Lewan Gabriadse
Laufzeit 132 Minuten