Fall (2022)

Immer schön, wenn sich die Phobien, die man ins Kino mitbringt, mit dem Film verbinden und beides sich gegenseitig verstärkt. Zum Beispiel Angst vor der Tiefe und Der weiße Hai, Eifersuchtsneurose und Louis Malles Verhängnis, Arachnophobie und Arachnophobia. Scott Manns schlanken Horrorfilm Fall kann man jedem Menschen ans klamme Herz legen, der in großer Höhe schnell in existenziellen Schwindel gerät.

Becky (Grace Caroline Currey) und Shiloh (Virginia Gardner) klettern aus wenig plausiblen Gründen einen rund 600 Meter hohen Funkturm in der Wüste rauf. Kein Mensch weit und breit. Die Idee: den Absturz des Extremkletterers Dan (Mason Gooding), der bis zu seinem tiefen Fall von einer Steilwand der Ehemann von Becky gewesen ist, zu verarbeiten. Traumatherapie durch schlichte Wiederholung, also eine veritable Schnapsidee, aber wenn sich die Kamera und mit ihr Zuschauerin und Zuschauer erstmal in die Höhe geschwungen haben, sind psychologische und sonstige Ungereimtheiten (die beiden haben wirklich nicht einem Menschen gesagt, wo sie hinfahren?) komplett wurscht. Auch dass einem mindestens eine der Figuren nach fünf Minuten ordentlich auf den Keks geht, macht nichts: Die Leiter verabschiedet sich in die Tiefe, Becky und Shiloh stranden auf einer kleinen Plattform in etwa 590 Meter Höhe.

Wenn man nach unten schaut, und die Kamera schaut in diesem Film sehr oft nach unten, wird einem immer wieder aufs Neue furchtbar schlecht. Dazu kommen noch ein Verhängnis (s.o.), ein Vater-Tochter-Drama und zwei eher untypisch aggressive Geier. Aber alles weitgehend egal und nur Ornament – die Stars dieses Films sind die Höhe und der Schwindel. Körperhorror, der, von zwei Szenen abgesehen, ohne offengelegte Innereien auskommt.

Alles in allem eine sehr intensive Angelegenheit, nicht angenehm natürlich, aber das ist effektiver Horror in einem ungebrochenen Sinne ja nie, und so soll es ja auch sein.

 

Flat auf Prime Video bzw. gegen moderates Entgelt auf diversen Plattformen