Die Konsequenz (1977)

Wolfgang Petersen stellte Liebe zwischen Männern schon früh als normal dar.

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Die Konsequenz, 1977, Wolfgang Petersen

Thomas, Sohn eines Gefängniswärters, verliebt sich in den deutlich älteren Insassen Martin und träumt von einer gemeinsamen Zukunft nach dessen Entlassung. Aus diesem Plan ebenso wie aus seinem Schwulsein macht der junge Mann seinen Eltern gegenüber kein Geheimnis. Da er aber noch nicht 21 Jahre alt ist, steckt ihn der Vater in ein Erziehungsheim. Dort wird Thomas sukzessive gebrochen; und obwohl Martin allerhand Hebel in Bewegung setzt, seinem Liebsten zu helfen, muss er schließlich ohnmächtig zusehen, wie dieser untergeht.

Als Wolfgang Petersens Die Konsequenz im November 1977 im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, klinkte sich der Bayerische Rundfunk aus der Übertragung aus. Das war der eigentliche Skandal. Nicht die Tatsache, dass in diesem von Bernd Eichinger produzierten Film, der auf dem gleichnamigen, autobiografischen Roman des Schweizer Schauspielers und Schriftstellers Alexander Ziegler (der 1987 Selbstmord beging) beruht, eine Liebesbeziehung zwischen zwei Männern als etwas Normales dargestellt wird. Respektive als etwas, dem zumindest die Chance auf Normalität zugestanden werden müsse und demzufolge eine homophobe Gesellschaft sich zu ändern habe. Freilich wirkte seinerzeit, als von Selbstverständlichkeit im Umgang mit Homosexualität, geschweige denn Gleichberechtigung anders Orientierter noch wenig die Rede sein konnte, diese Position durchaus skandalös. Der resultierenden Aufgeregtheit wiederum stand Petersens entspannter Regie-Gestus entgegen, der dem ungezwungenen Zusammenspiel von Jürgen Prochnow und Ernst Hannawald in den Rollen von Martin und Thomas jenen geschützten Raum bereitete, in dem diese Geschichte als die einer großen Liebe, die der Kleingeistigkeit zum Opfer fällt, tragisch wirksam werden kann (hier der Originaltrailer auf YouTube).

Die Konsequenz, Wolfgang Petersen
Ernst Hannawald, Jürgen Prochnow

Zugegeben wird mit der Verweigerung eines guten Ausgangs auch jenem hartnäckigen dramaturgischen Klischee Genüge getan, das den Abweichler von der Norm letztlich an dieser zerbrechen lässt. Doch in diesem Fall weder in mahnend-abschreckender Absicht, noch um des melodramatischen Effektes willen, sondern vielmehr in dem appellierenden Auftrag, Konsequenzen zu ziehen, die dergleichen Konsequenz in Zukunft verhindern.

(Inkl. Booklet auf Disc bei EuroVideo bzw. auf Prime Video)

Hinweis der Redaktion: Ein großartiger, thematisch verwandter aktueller Film ist ebenfalls bei EuroVideo erhältlich, findet sich aber auch an erster Stelle in dieser Kuratierung im KINO VOD CLUB.

 

Die Konsequenz
Deutschland 1977, Regie Wolfgang Petersen
Mit Jürgen Prochnow, Ernst Hannawald, Werner Schwuchow
Laufzeit 96 Minuten