Drei Filme hat Oliver Stone über Vietnam gedreht. Geboren am 4. Juli, erschienen 1989, drei Jahre nach Platoon, ist derjenige, der am nächsten am Soldatenkörper dran ist. Und der, in dem das Kriegsgeschehen selbst den geringsten Raum einnimmt. Ron Kovic (Tom Cruise) wird zugerichtet in seiner Schulzeit, als Ringer in der Schulmannschaft, der nicht verlieren kann. Der Körperdrill verläuft kontinuierlich, von der High School bis zum Bootcamp. Ron ist fasziniert vom Soldatentum, das er als eine ungebrochene Form von Männlichkeit begreift, angefeuert von seiner Mutter (Caroline Kava). Die Leichtfertigkeit, mit der die Eltern ihre Kinder in die Schlacht schicken, ist beklemmend – der Transmissionsriemen sozusagen, mit dem die ältere Generation die junge auf dem Feld der Ehre entsorgt.
Born on the Fourth of July entfaltet das, was er zeigen will, anders als die späteren spekulativen und wesentlich manipulativeren Filme Stones, nicht in (verschwörungs)politischen Diskursen, sondern am Körper des Protagonisten. Auf Drill und Verpanzerung folgt die Zerlegung: Kovic bringt in Vietnam Kinder um, ein Versehen, dann erschießt er, der nächste Fehler, einen Soldaten der eigenen Einheit und wird selbst verletzt. Die kurze Gefechtssequenz gehört zu den ernüchterndsten in der Geschichte des Kriegsfilms. Eine Reihung von Fehlern als Antithese zu den heroischen Erwartungen und Überhöhungen im Vorfeld: Aus dem Helden in Wartestellung ist ein von Schuldgefühlen zerquälter Mensch geworden.
Kovic ist von der Hüfte an abwärts gelähmt, und die Bilder der Behinderung, die Stone inszeniert, sind eine Dekonstruktion des Soldatischen, die aber aus einem empathischen Blick auf einen schwachen, nicht mehr adäquat funktionierenden Körper kommt. Kovic fällt aus seinen bisherigen Zusammenhängen heraus und verliert sich. Wieder zusammensetzen kann er sich erst am Ende, als Anti-Kriegs-Aktivist. Auch das Finale fokussiert aber nicht auf die Sprache – die große Rede Kovics bekommen wir gar nicht zu hören –, sondern auf den Körper im Rollstuhl. In seiner Beschränkung aufs Wesentliche ist Born on the Fourth of July sicherlich einer einer der klarsten und direktesten Filme Stones. Ein Film, der zuerst etwas zeigen – und einen nicht zuallererst von etwas überzeugen will.
Auf DVD oder im Mediabook bei Turbine Medien bzw. gegen moderates Entgelt bei diversen Streamern
Born on the Fourth of July
USA 1989, Regie Oliver Stone
Mit Tom Cruise, Willem Dafoe, Kyra Sedgwick, Tom Berenger
Laufzeit 139 Minuten