Booksmart (2019)

Olivia Wildes lustig-smartes Regie-Debüt – auf Netflix

Feldstein, Dever, Booksmart
Booksmart, 2019, Olivia Wilde

Wenn man sich heute die Filme der American Pie-Serie anschaut, mag man es kaum glauben. Eine filmische Ballung an Übergriffigkeit und Unterhosenmief, die fast ein Vierteljahrhundert später nicht nur anachronistisch, sondern auch arg freudlos daherkommt. Humor altert generell schnell, und in diesem Fall wirkte die letzte Feminismus-Welle nochmal beschleunigend: Komödien, deren Witz durchweg mit Untenrum zu tun haben, aber ausschließlich aus männlicher Perspektive gedreht sind, wirken inzwischen etwas aus der Zeit gefallen, und keine davon hatte einen so treffenden Titel wie Booksmart.

Booksmart, die erste Regiearbeit der Schauspielerin Olivia Wilde (deren gerüchteumrankter Zweitling Don’t Worry Darling dieser Tage ins Kino kommt) lässt sich als Kommentar oder auch als eine Revision der von Jungmännern dominierten High-School-Komödie sehen. Die Prämisse ist nicht neu, sondern ganz klassisch: die Überhöhung der letzten Nacht vor der Graduation-Zeremonie. Amy (Kaitlyn Dever) und Molly (Beanie Feldstein), engste Freundinnen und alles in allem eher unpopulär, sind die Schule eher karriereorientiert angegangen und wollen nun in dieser einen Nacht alles nachholen. Booksmart ist episodenhaft erzählt, als Abfolge von mehr oder weniger peinlichen oder auch mal surrealen Partysituationen. Das funktioniert in einigen Fällen sehr gut, ist auf den Punkt hingestolpert getaktet, an den Judd-Apatow-Filmen geschult und sehr lustig (getragen im Wesentlichen von Dever und Feldstein, die beide großartig sind). In einigen anderen Episoden verläuft es sich aber auch.

Erst beim zweiten Sehen wird deutlich, dass Booksmart nicht nur als Genre-Revision funktioniert, sondern auch als Wunschfantasie. Selten ist der Sozialkosmos Schule in der High-School-Komödie so freundlich und sind die Menschen, bei aller Verarsche, einander so wohlgesonnen dargestellt wie hier. Mobbing gibt es keins, alle sind irgendwie sonderbar und eigen, auch die Figuren, die ansonsten Inbegriff von Normalität sind und die die Außenseiter gerne mal terrorisieren. Der Film schenkt ausnahmslos allen eine sympathische weirdness, was spätestens im schon auch kitschigen Ende auf eine ja gar nicht falsche Leben-und-leben-lassen-Ethik zuläuft.

Überraschend, das alles, auch weil man eigentlich jede Szene dieses Films ohne weiteres auch in Bitter erzählen könnte, wenn man wieder hineinnimmt, was hier aus dem Genre gestrichen worden ist: Homophobie, Ausgrenzung und Mobbing. Booksmart ist ein angenehm versöhnlicher und, wie gesagt, immer wieder sehr, sehr lustiger Film.

 

Auf Netflix bzw. auf Disc bei Weltkino / Leonine

 

Booksmart
USA 2019, Regie Olivia Wilde
Drehbuch Emily Halpern, Sarah Haskins, Susanna Fogel
Mit Kaitlyn Dever, Beanie Feldstein, Jessica Williams, Lisa Kudrow, Jason Sudeikis
Laufzeit 102 Minuten