The Crown – Finale

Peter Morgans Serie war mehr als royaler Klatsch, endet aber suboptimal.

Elizabeth Debicki, Peter Morgan, The Crown
The Crown S6, 2023, Peter Morgan

The Crown, sechster Teil: Die letzte Staffel des Königshausdramas sehen wir als die schwächste an. Auf Netflix.

Von allen Königshäusern, die nach den bürgerlichen Revolutionen am Leben gelassen wurden, ist das britische das unterhaltsamste. Geschwisterintrige, schwarze Schafe, Affären, Scheidungen, Unfälle, zuletzt dann auch noch standesübergreifende Ehen. Es ist immer was los. Die Serie The Crown, die zum teuersten und aufwändigsten gehört, was Netflix bislang produziert hat und die nun mit der sechsten Staffel zu ihrem Ende kommt, hat alles ins Riesenformat gebracht, die Geschicke der Queen, ihrer Kinder und Enkel und aller Premierministerinnen und Premierminister, die sie überlebt hat, von Churchill über Thatcher bis Blair.

Interessierte Leser:innen kennen die Geschichte aus der Yellow Press, und wer die Serie nicht mochte, sah in ihr nicht viel mehr als die etwa 60-stündige Verfilmung von royalem Klatsch. Was schade ist. Durch die Veredelung nämlich wird das Schicksal einer Familie, die in anderen Ländern wie zum Beispiel Frankreich schon seit ein paar hundert Jahren komplett entmachtet oder auch zur Guillotine geführt worden wäre, zum Drama, in dem auch der Plebs sich wieder erkennen kann. So er denn Eltern, Geschwister, Liebschaften und/oder freidrehende Kinder hat. Also mehr oder weniger jede und jeder, in der einen oder anderen Weise.

Staunton, Colman, Foy, The Crown S6/2
Olivia Colman, Imelda Staunton, Claire Foy

Veredelung heißt hier zu allererst einmal großes Kulissen- und Schauspielerkino. Eine Riesenidealbesetzung, sozusagen: Claire Foy, Olivia Colman, Imelda Staunton, die die Queen in drei Lebensaltern spielen, Gillian Anderson als Margaret Thatcher – alle schaffen so etwas wie eine mimetische Anverwandlung, die aber immer erkennen lässt, dass hier gespielt wird. Illusion und Rollendistanz greifen formvollendet ineinander, bis in die Nuancen der Körperhaltung, die Typisches verstärkt. Tolles Schauspiel also, von einigen Ausnahmen abgesehen (Dominic West als Prince Charles etwa wirkt, als würde er in der nächsten Szene an einer Gewerkschaftssitzung teilnehmen oder einen Drogenhandel in Chicago verhindern, das wirkt dann seltsam deplatziert).

Die letzte ist dann leider die schwächste der sechs Staffeln. Was daran liegen mag, dass es schwierig ist, ein Ende zu einer Jahrzehnte übergreifenden Erzählung zu finden, die kein Ende hat (The Crown endet vor dem Tod der Queen). Zum anderen aber auch daran, dass das Skript der sechsten das erste ist, in dem alles allzu deutlich ausgesprochen werden muss. Bis dahin bekam man gezeigt, was jetzt in die Dialoge gerutscht ist. Was zum Beispiel einen Streit zwischen Charles und seinem trauernden Sohn klingen lässt wie eine Familientherapie unter Anleitung. Und die Idee, Princess Diana (auch wieder so eine Anverwandlung, in diesem Fall von Elizabeth Debicki) nach dem Autounfall als Geist wiederkehren zu lassen, ist keine gute und trägt dazu bei, dass ausgerechnet die Lady-Di/Dodi-Storyline daneben geht. Ein grobschlächtig geschriebener Vater/Sohn-Konflikt und die aus melodramatischen Erwägungen wohl für nötig gehaltene, aber für den geübten Gala-Leser doch sehr abwegige Volte, Prince Charles und Diana als vorbildliches Scheidungspaar zu präsentieren, tun ihr Übriges.

Zugleich findet man in der letzten Staffel dann aber auch wieder eine Folge wie „Ritz“, die den Tod von Princess Margaret (Lesley Manville) mit zärtlichem Blick auf alle Beteiligten mit einer Jugenderinnerung an eine für royale Verhältnisse exzessive Nacht verwebt und so eine auch für Bürgerliche berührende Geschichte vom Abschied zweier Schwestern voneinander baut.

In solchen Momenten kommt zusammen, was die Serie in ihren besten Episoden ist: ein Familiendrama, das mit aller Opulenz und dem größtmöglichen Aufwand aus den Vollen schöpft. Die Frage, warum diesen Leuten weiterhin und weitgehend ohne Murren ihr Lebenswandel durch das hart erarbeitete Geld des Volkes finanziert wird, will oder kann The Crown dann allerdings auch nicht beantworten. Vielleicht sind die Royals schlicht zu entertaining, um ihnen ein wohlverdientes Ende zu machen.