Horrorspaß ohne Genregrenzen

„Vicious Fun“ präsentiert ein Ensemble idealtypischer Serienmörderfiguren.

beitragsbild vicious fun

Selbstreferenzieller Horror, der sich über die eigenen Genre-Gesetze und -Logiken lustig macht, kann irisierende Heiterkeit verbreiten. „Vicious Fun“, der fünfte Film des kanadischen Regisseurs Cody Calahan, surft eigentlich ununterbrochen auf der Meta-Ebene umher.

Der Held Joel (Evan Marsh), ein semi-sympathischer Körperklaus, ist Autor bei einem Horrorfilmmagazin und klärt bei seinem ersten Auftritt einen Regisseur über die Plausibilitätsprobleme in dessen Filmen auf, kurz bevor er rausfliegt. Abends hockt er allein zu Hause und verbringt seine Zeit mit Nerdsachen und Horrorfilmkram und damit, unglücklich in seine Mitbewohnerin (Alexa Rose Steele) verliebt zu sein. Nachdem Joel ihrem letzten Date nachspioniert und sich bei der Gelegenheit in einer Bar fürchterlich besoffen hat, wacht er in einer Selbsthilfegruppe für serial killer wieder auf. Es gelingt ihm zumindest für ein paar Minuten nicht aufzufliegen. Wenn diese Phase abgeschlossen ist, lässt Calahan seine Figuren direkt aufeinander los, und es gibt Heulen und Wehklagen.

Das pointiert abwegige Szenario des Films bereitet die Bühne für stilbewusstes Overacting, Genrejokes und Selbstreferenzialität, die so subtil ist wie Kettensägengeräusche – etwa wenn ein Polizist den Kollegen was von Horrorgenres erzählt, die überraschende Subgenres herausbilden. Vicious Fun präsentiert ein Ensemble von idealtypischen Serienmördergenrefiguren: den tumben Schlächter mit Maske (Robert Maillet), den technokratischen Massenmörder (David Koechner), die Rächerin (Amber Goldfarb), den psychopathischen Horrorclown (Julian Richings), den menschenfressenden Nobelkoch (Sean Baek) und den hochbegabten Soziopathen (völlig drüber, sehr gut: Ari Millen). Am Rande tauchen noch der spießige Familienvater mit Doppelleben und der junge Frauen ermordende, unglückliche junge Mann auf.

Der Cast hat unübersehbar großen Spaß, die Special-Effects-Abteilung auch. Vicious Fun bezieht sich vor allem auf die die frühen Achtzigerjahre, die Hochzeit des grindigen Slasherfilms. Damit reiht er sich in die aktuell laufende Eigthies-Retro-Welle ein, auch beim Soundtrack und der Neon-Farbpalette. Alles sehr stilvoll, die Sauereien nicht zuletzt: Gedärme und Augäpfel fliegen durch die Luft, Köpfe zerplatzen, alles noch, soweit zu sehen, handgemacht wie damals und ohne digitale Malereien. Wenn man sich Selbstbezüglichkeit und Meta-Ebene wegdenkt, bleibt von diesem Film halt nicht viel übrig. Aber wenn man das weiß und nicht mehr erwartet, hält Vicious Fun schlicht das, was sein Titel verspricht.

Die Selbstreferenzialität bildet hier keine lustige weitere Ebene (wie zum Beispiel bei Scream, einem der Urtexte des selbstreferenziellen Horrorkinos, oder bei H20), sondern den Kern der ganzen Veranstaltung. Insofern ist Vicious Fun wahrscheinlich ein Film, der nur für Horrorfans funktioniert. Was insofern dann auch wieder ganz lustig ist, weil er mittels seiner nerdigen Hauptfigur sein eigenes, einzig mögliches Publikum verarscht. Und generell auch sich selbst; und in beiderlei Hinsicht sehr liebevoll.

 

Vicious Fun
Kanada 2020, Regie Cody Calahan
Mit Evan Marsh, Amber Goldfarb, Ari Millen, Julian Richings
Laufzeit 101 Minuten